Arbeiter in Industriebetrieb

Arbeitslosenversicherung Neu: Arbeit und nicht Arbeitslosigkeit fördern

Bis Sommer soll eine Reform der Arbeitslosenversicherung vorliegen. Wie der Fachkräftemangel gelindert werden muss und welche Anreize notwendig sind, um arbeitslose Menschen wieder rascher ins Erwerbsleben zurückzubringen,zeigt die Industrie.

Mehr als 200.000 offene Stellenangebote gab es im März auf der AMS-Plattform „alle jobs“. Bei der Lehrlingsausbildung klafft eine Lücke zwischen Angebot und Nachfrage: Allein in Oberösterreich, Tirol oder der Steiermark überstieg die Zahl der offenen Stellen jene der Bewerber um das Dreifache. Auch die Arbeitsmobilität in Österreich ist vergleichsweise gering: Während im Februar etwa 40 Prozent der Arbeitslosen in Wien wohnten, befanden sich 85 Prozent der gemeldeten offenen Stellen in den anderen acht Bundesländern. Ein Beispiel verdeutlicht die Diskrepanz: In der Bundeshauptstadt waren zuletzt mehr als 400 Elektromechaniker und rund 200 Maschinenbautechnikerinnen arbeitslos gemeldet. Im Gegensatz dazu gab es in Oberösterreich in diesen Berufen dreimal mehr offene Stellen als Arbeitssuchende. 

Beschäftigungsanreize stärken

All diese Zahlen machen den grassierenden Fachkräftemangel nicht nur spür-, sondern auch sichtbar. Um diese Wachstumsbremse zu lockern, soll die von Arbeitsminister Martin Kocher angekündigte Reform der Arbeitslosenversicherung Neu als Hebel wirken. Die IV bringt ihre Erwartung auf den Punkt: Beschäftigungsanreize stärken und vorhandene Potenziale bestmöglich nutzen. Eine zu- kunftsorientierte Arbeitsmarktpolitik muss die Vermittlungseffizienz erhöhen sowie Arbeit und nicht Arbeitslosigkeit fördern.

Welche Vorschläge hat die IV für die Reform? Die Industrie hat sich für die Einführung eines degressiven Arbeitslosengeldes ausgesprochen. Österreich ist das einzige Land in Europa, das Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zeitlich unbegrenzt auszahlt und mangels eines degressiven Verlaufs der Bezugshöhe auch vergleichsweise wenig Anreizwirkung setzt. Außerdem plädiert die IV dafür, den Leistungsbezug während geringfügiger Beschäftigung zu reformieren. Arbeitsmarktexperten argumentieren, dass eine geringfügige Beschäftigung während der Arbeitslosigkeit die Rückkehr in reguläre Beschäftigung vielfach hemmt und in weiterer Folge niedrigere Erwerbseinkünfte nach sich zieht.

Langzeitarbeitslosigkeit wieder auf Vorkrisenniveau

Ebenfalls auf dem Forderungskatalog der Industrie: Eine Entlastung bei den im internationalen Vergleich hohen Lohnnebenkosten würde Wachstum und Beschäftigung vorantreiben. Weitere Säule der Reform sollte die Stärkung beschäftigungsfördernder Maßnahmen sein, etwa die Eingliederungsbeihilfe oder der Kombilohn. Als erfolgreichesBeispiel verweist die IV auf das Programm Sprungbrett: Seit dem Reokordwert im April 2021 konnte die Langzeitarbeitslosigkeit von 148.400 Menschen um 42.800 reduziert und damit wieder in Richtung Vorkrisenniveau gesenkt werden. Darüber hinaus braucht es Anreize, um die Mobilität arbeitssuchender Menschen zu fördern, eine passgenaue, auch überregionale Vermittlung zu verstärken und betriebsnahe Qualifizierung zu forcieren. Damit einhergehend muss auch das Angebot an qualitätsvoller Kinderbetreuung entsprechend ausgebaut werden. 

Es liegen zahlreiche Vorschläge auf dem Tisch. Bis Sommer sollen diese in eine Reform eingebettet und ein Gesamtvorschlag präsentiert werden. Für die Industrie ist klar: Einen wirtschaftlich nachhaltigen Auf- schwung kann es nur mit ausreichenden Arbeits- und Fachkräften geben. Um im Bereich der Arbeitslosigkeit wieder zum europäischen Spitzenfeld aufzuschließen, wo Österreich schon war, wird es einer umfassenden Arbeitsmarktreform bedürfen.

IV-Empfehlungen auf einen Blick:

  • Degressives Arbeitslosengeld einführen
  • Lohnnebenkosten senken
  • Beschäftigungsfördernde Maßnahmen stärken
  • Betriebsnahe Qualifizierung fokussieren
  • Qualitätsvolle Kinderbetreuung ausbauen
  • Anreize für mehr Mobilität setzen