Arbeitszeitverkürzung ist Gift für Wachstum und Beschäftigung

In der aktuellen wirtschaftspolitischen Diskussion werden uralte Forderungen eingebracht, die wirtschaftspolitische Realitäten (Internationalisierung, Digitalisierung) ignorieren und großen Schaden für Wohlstand sowie Beschäftigung zur Folge hätten: Arbeitszeitverkürzung (bei vollem Lohnausgleich) schwächt die internationale Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Wirtschaftsstandortes und gefährdet Arbeitsplätze. Wie die Grafik zeigt, muss Österreich die Lohnstückkosten senken, statt sie weiter zu verteuern. Unser Land benötigt viel mehr Rahmenbedingungen, die geeignete Arbeitszeitmodelle in einer sich ständig verändernden Arbeitswelt (u.a. Praktikable Höchstarbeitszeitgrenzen, mehr Entscheidungskompetenz auf Betriebsebene etc.) ermöglichen.

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Sechs Gründe, die gegen eine Arbeitszeitverkürzung sprechen: 

  1. Mehr Arbeitslosigkeit: Eine Arbeitszeitverkürzung bei gleichem Lohn verteuert den Faktor Arbeit massiv. Unternehmen müssten Kosten sparen, indem sie weniger produktive Arbeitskräfte abbauen bzw. Arbeitskraft durch Maschinen ersetzen. Beispiel: Die Arbeitszeit von 38,5 auf 35 Stunden bei gleichem Lohn zu verringern, würde die Personalkosten um 10 Prozent erhöhen. Dies kann kein Unternehmen an seine Kunden weitergeben.
  2. Mehr Belastung für Beschäftigte: Eine Arbeitszeitverkürzung zwingt Unternehmen zur Erhöhung der Produktivität. Dadurch steigt der Druck auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, in weniger Zeit dasselbe zu leisten: die Arbeitsverdichtung nimmt zu.
  3. Mehr Fachkräftemangel: Eine Arbeitszeitverkürzung verschärft den Fachkräftemangel.
  4. Weniger Kaufkraft: Eine generelle Arbeitszeitverkürzung mit entsprechender Lohnkürzung würde Kaufkraft kosten.
  5. Keine neuen Jobs: Arbeitszeitverkürzung ist nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine organisatorische Herausforderung: Oft steht für eine Aufgabe nur ein Mitarbeiter zur Verfügung. Die Arbeit kann kaum umverteilt werden – die Einstellung einer neuen Arbeitskraft ist nicht praxisgerecht. Außerdem: Nur, weil ein Software-Techniker weniger arbeitet, erhält ein Pflichtschulabsolvent keinen neuen Job.
  6. Internationaler Wettbewerb hat zugenommen: Die Arbeitszeitverkürzungen in den 60er, 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren möglich, weil damals die Produktivität viel schneller stieg und der internationale Wettbewerb nicht so stark war.

Das Beispiel Frankreich mit heute mehr als 3,5 Mio. Arbeitslosen zeigt: Arbeitszeitverkürzung ist ein Irrweg und vernichtet Arbeitsplätze. Eine Analyse der Neuen Zürcher Zeitung zeigt die gravierenden Probleme auf, die die Arbeitszeitverkürzung im Feldversuch gebracht hat. Im Jahr 2000 wurde in Frankreich eine 35-Stunden-Woche (vormals 39 Stunden) für Unternehmen mit mehr als 20 unselbständig Beschäftigten eingeführt. Seit 2009 gilt die verkürzte Arbeitszeit auch für kleinere Unternehmen. Der gewünschte Effekt einer Reduktion der Arbeitslosigkeit blieb in Frankreich allerdings aus:

  • Ein Arbeitspapier des Internationalen Währungsfonds bestätigt, dass die Arbeitszeitverkürzung keine Steigerung der Beschäftigung oder mehr Arbeitszufriedenheit gebracht hat.
  • Im Gegenteil, die Arbeitslosigkeit ist nach Einführung der 35-Stunden-Woche sogar angestiegen.
  • Zeitgleich stagnierte die Erwerbsquote in Frankreich, während sie im Vergleichszeitraum in allen übrigen Ländern der EU stieg.

Arbeitszeit: Österreicher liegen im Mittelfeld
Laut OECD-Erhebungen arbeiten Menschen außerhalb der EU bedeutend länger als innerhalb der EU. Innerhalb Europas lag Österreich bei der Jahresarbeitszeit von unselbständig Beschäftigten 2014 mit 1.440 Stunden im europäischen Mittelfeld. Vergleicht man die „tatsächlich geleistete Wochenarbeitszeit“ befindet sich Österreich mit 39,9 Stunden ebenfalls im europäischen Mittelfeld.

Notwendige Schritte zur Modernisierung der Arbeitszeitregelungen
Das österreichische Arbeitszeitgesetz sieht nur in eingeschränktem Ausmaß Spielräume zur modernen Arbeitszeitgestaltung vor. Die Industriellenvereinigung setzt sich daher für Rahmenbedingungen ein, die geeignete Arbeitszeitmodelle in einer sich ständig verändernden Arbeitswelt ermöglichen:

  • Praktikable Höchstarbeitszeitgrenzen schaffen
  • Verteilung der Normalarbeitszeit: Praxis- und betriebsbezogene Durchrechnungsmöglichkeiten auf Betriebsebene ermöglichen
  • Ausnahme für autonome, selbstbestimmte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schaffen
  • Wochen(end)ruhe: Samstag als normalen Werktag etablieren; Wochenendruhe durch Wochenruhe ersetzen
  • Praxisgerechte Kurzarbeitsregelung schaffen

Weiterführende Information: Die Forderungen der Industriellenvereinigung zum Thema Arbeitszeit.