IV-Einschätzung zu BREXIT: Nationale Alleingänge schwächen Europa

Die Industriellenvereinigung (IV) bedauert die die Entscheidung der britischen Bürgerinnen und Bürger, die sich mehrheitlich gegen einen Verbleib ihres Landes in der Europäischen Union ausgesprochen haben. Sämtliche Prognosen gehen mittel- bis langfristig von Wachstums-, Einkommens- und Arbeitsplatzverlusten aus.

Die nächsten Schritte: 

Grafik der Woche: Brexit
Foto: IV

EU verliert liberales Korrektiv

Mit Großbritannien verliert die EU ein wichtiges Korrektiv: Mit seiner liberalen, wettbewerbsorientierten Ausrichtung und einer Politik der freien Märkte war das Vereinigte Königreich bisher wichtiger Gegenpol zu der oftmals protektionistischen Position anderer zum Teil auch großer Mitgliedstaaten, die sich für eine stärkere Transferunion einsetzen. Zudem hat sich Großbritannien als wichtiger Akteur auf dem internationalen Parkett mit exzellenten Beziehungen zu den USA erwiesen. Diese Expertise und Vernetzung wird die EU zunächst nicht ersetzen können.

Auswirkungen auf Österreich

Für Österreich ist mit Export-Einbußen zu rechnen, immerhin zählt Großbritannien mit Rang 8 zu den Top-10 der wichtigsten Zielmärkte heimischer Exporteure. Auf lange Sicht wird der Schaden für die österreichische Volkswirtschaft allerdings wahrscheinlich gering ausfallen.

Konsequenzen für die EU

Aus Sicht der Industrie ist die Union nun gefordert, rasch Antworten für ihre Zukunftsfähigkeit zu geben, um die Vertrauenskrise zu lösen: Erforderlich ist vor allem die Bereitschaft der politischen Entscheidungsträger auf nationaler wie europäischer Ebene, notwendige Veränderungen in Angriff zu nehmen und an einem neuen, wettbewerbsfähigen Europa zu arbeiten. Wir brauchen eine Union, die ihre Strukturen an die Anforderungen der Zukunft anpasst – vor allem bei Internationalisierung, Digitalisierung sowie Migration und Integration. Das Ergebnis zeigt deutlich, wie ernst die Europaverdrossenheit vieler EU-Bürgerinnen und -Bürger zu nehmen ist. Abgesehen vom Reputationsverlust auf internationaler Ebene für die EU ist eine Destabilisierung zu erwarten.

Das Wahlergebnis darf nicht zu falschen Schlussfolgerungen führen: nationale Alleingänge schwächen Europa im globalen Wettbewerb, die EU-Mitglieder müssen auf verstärkte Kooperation und weitergehende Integration setzen. Bei ihrem Treffen nächste Woche muss es den Staats- und Regierungschefs gelingen, den Rückschlag des Referendums zu überwinden und in eine neue Richtung aufzubrechen. Auch zur Beruhigung der internationalen Märkte ist es jetzt notwendig, möglichst zügig und reibungslos die erforderlichen Schritte für eine Loslösung Großbritanniens einzuleiten.

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