Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG)

Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping erlassen wird und das
AVRAG, AÜG, LAG 1984, das ArbIG 1993, das HeimAG 1960, das BMSVG, das BPG, das ASGG, das SBBG
und das ASVG geändert werden. 
 

Das LSD-BG tritt mit 1. Jänner 2017 in Kraft und ist auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach dem
31. Dezember 2016 ereignen.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
 

  • Schaffung eines formal neuen Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG): Im Sinne einerklareren und übersichtlicheren Struktur wurden die bisherigen LSDB-Regelungen aus dem AVRAG und aus dem AÜG herausgelöst und ein formal neues Gesetzes (LSD-BG) geschaffen.
     
  • Personaleinsatz im Konzern (§ 1 Abs 5 und 6):
    • Erstmalig wurde eine Ausnahmeregelung für grenzüberschreitende Personaleinsätze nach Österreich innerhalb von Konzernen für bestimmte kurzfristige Tätigkeiten in Österreich geschaffen (§ 1 Abs 6). Das LSD-BG findet keine Anwendung auf die vorübergehende, zwei Monate je Kalenderjahr nicht übersteigende Konzernentsendungen im Sinne der Entsenderichtlinie von besonderen Fachkräften nach Österreich innerhalb eines Konzerns im Sinne des § 15 Aktiengesetzes und des § 115 GmbHGesetzes, unter der Voraussetzung, dass der Einsatz konzernintern 1. zum Zweck der Forschung und Entwicklung, der Abhaltung von Ausbildungen durch die entsandte Fachkraft, der Planung der Projektarbeit oder 2. zum Zwecke des Erfahrungsaustausches, der Betriebsberatung, des Controllings oder der Mitarbeit im Bereich von für mehrere Länder zuständigen Konzernabteilungen mit zentraler Steuerungs- und Planungsfunktion erfolgt.
    • Im Gegensatz zum Begutachtungsentwurf wurde eine Verdoppelung der maximalen Einsatzdauer im Rahmen eines grenzüberschreitenden Personaleinsatzes im Konzern erreicht. Das LSD-BG findet daher keine Anwendung im Falle eines vorübergehenden, zwei Monate je Kalenderjahr nicht übersteigenden grenzüberschreitenden Personaleinsatzes im Konzern. Solange die Maximaldauer der Ausnahmeregelung nicht überschritten wird, ist eine beliebige, auch tageweise Einreise möglich.
    • Das Wort „Überlassung“ wurde aus dem Gesetzestext entfernt und stattdessen die Formulierung „Konzernentsendungen im Sinne der Entsenderichtlinie“ aufgenommen. Bei Konzerneinsätzen iSd § 1 Abs 6 Z 1 und Z 2 soll die neue Formulierung sowohl Entsendungen als auch Überlassungen im Konzern (vgl Art 1 Abs 3 lit b der Entsende-RL) erfassen.
    • Die im Rahmen des Gesetzwerdungsprozess erhobene Forderung der Arbeitnehmerseite nach einer Meldepflicht im Falle eines grenzüberschreitenden Personaleinsatzes im Konzern konnte erfolgreich abgewehrt werden.
    • Weitere Ausnahmetatbestände für den Anwendungsbereich des LSD-BG: Es wurden insbesondere für bestimmte Formen der Dienstleistungserbringung im Rahmen von grenzüberschreitenden Entsendungen nach Österreich weitere Ausnahmen vom LSD-BG festgelegt:
    • Transitbereich (§ 1 Abs 5 Z 7): Sofern die Arbeitsleistung ausschließlich im Rahmen des Transitverkehrs erbracht wird und der gewöhnliche Arbeitsort nicht in Österreich liegt, kommt das LSD-BG nicht zur Anwendung.
    • Grenzüberschreitend entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einer durchschnittlichen monatlichen Bruttoentlohnung von mindestens 6.075 Euro (§ 1 Abs 5 Z 8) sind nicht vom LSD-BG erfasst. Diese Ausnahme gilt nur für grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und nicht für Inländerinnen und Inländer.
    • Das neu gestaltete Montageprivileg erfasst den Lieferanten als Arbeitgeber oder durch mit diesem in einem Konzern im Sinne des § 15 AktG und des § 115 GmbHG verbundene Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Zudem wurde klargestellt, dass neben den Montagearbeiten, Arbeiten zur Inbetriebnahme und den damit verbundenen Schulungen sowie Reparaturarbeiten künftig auch Servicearbeiten miterfasst sind. Weiterhin gilt, dass das Erfordernis, dass diese Arbeiten nicht von inländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erbracht werden können, für alle diese Aufgaben maßgeblich ist. Wird die Anlage in einem Konzern durch eine „konzernmäßig verbundene“ Arbeitgeberin bzw. durch einen „konzernmäßig verbundenen“ Arbeitgeber hergestellt, setzt die Anwendung des „Montageprivilegs“ voraus, dass die Montagearbeiten auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Arbeitgebers durchführen (§ 3 Abs 5).
       
  • Im Anwendungsbereich des Gesetzes selbst ist es ebenfalls gelungen einige administrative Erleichterungen zu erzielen.
    • So ist die Frist für die Erstattung einer ZKO 3- oder ZKO 4-Meldung eine Woche gestrichen worden; nunmehr genügt es, dass Meldungen unmittelbar vor Arbeitsaufnahme erfolgen (§ 19 Abs 1).
    • Zudem wurden im Gesetz die Möglichkeit der Quartalsmeldung (auch innerhalb eines Konzerns) und die Möglichkeit einer kumulierten Meldung bei Mehrfacheinsatz geschaffen (§ 19 Abs 5 und 6).
    • Lohnunterlagen von grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern müssen außerdem künftig ex lege nicht am österreichischen Arbeitsort, sondern können auch an anderen Orten (Steuerberaterin bzw. Steuerberater, Mutter-/Tochterunternehmen, Niederlassung) bereitgehalten werden, sofern dies in der Meldung nach § 19 Abs 3 Z 9 angeführt ist (§ 21 Abs 2).
    • Hervorzuheben ist außerdem, dass der Gesetzestext erstmals, wenn auch nur hinsichtlich des Arbeitsvertrags, die Vorlage eines englischen Dokuments ausdrücklich zulässt (§ 22 Abs 1).
       
  • Haftungsbestimmungen für den Baubereich: In Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie ist zur Absicherung der Lohnansprüche von grenzüberschreitend entsandten oder überlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine verpflichtende Auftraggeberhaftung im Baubereich geschaffen worden; diese Haftung erfasst auch private Auftraggeberinnen und Auftraggeber und nicht nur Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich (§ 9).
    • Die Auftraggeberin bzw. der Auftraggeber haftet als Bürge und Zahler für auf Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag Mindestentgeltansprüche der grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rahmen der Beauftragung von Bauarbeiten. Die Auftraggeberin bzw. der Auftraggeber, die/der selbst nicht Auftragnehmerin bzw. Auftragnehmer der beauftragten Bauarbeiten ist, haftet nur dann, wenn er vor der Beauftragung von der Nichtzahlung des Entgelts wusste oder diese auf Grund offensichtlicher Hinweise ernsthaft für möglich halten musste und sich damit abfand. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben ihre Ansprüche binnen bestimmter Fristen geltend zu machen.
       
  • Haftung des Generalunternehmers (§ 10): Gibt eine Generalunternehmerin bzw. ein Generalunternehmer (=Auftragnehmerin bzw. Auftragnehmer einer öffentlichen (Sektoren)-Auftraggeberin bzw. eines öffentlichen (Sektoren)-Auftraggebers) einen Auftrag oder einen Teil eines Auftrages in einer nach dem Bundesvergabegesetzes unzulässigen Weise oder entgegen vertraglichen Vereinbarungen weiter, so haftet er/sie als Bürge und Zahler für Entgeltansprüche der von der Subunternehmerin bzw. des Subunternehmers zur Leistungserbringung eingesetzten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die diesen während ihrer Tätigkeit im Rahmen der vereinbarten Leistungserbringung gebühren.
     
  • Überstundenpauschalen/All-In-Entgelte: Die erläuternden Bemerkungen treffen auf Seite 20 zu § 29 eine Klarstellung des Entgeltfälligkeitszeitpunkts: „Hinsichtlich der Fälligkeit des zustehenden Entgelts (z.B. etwa Überstundenvergütung) sind die zulässiger Weise in gesetzlichen Normen oder Kollektivverträgen oder im Rahmen einer Überstundenpauschale und vergleichbarer Vereinbarungen festgelegten Zeitpunkte maßgeblich.“ Daraus folgt, dass eine allfällige Unterentlohnung erst am Ende des Betrachtungszeitraums (in der Regel ein Jahr) zu beurteilen ist.
     
  • Überzahlungen (§ 29 Abs 1): Nicht nur Überzahlungen, die auf Dienstvertrag und Betriebsvereinbarung beruhen, sondern alle Entgeltzahlungen (z.B. auch Prämien) sind auf allfällige Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen.
     
  • Berücksichtigung von Vergleichen: Auf Seite 22 Mitte der erläuternden Bemerkungen zu § 29 zum Gesetzestext ist festgehalten, dass die unter Mitwirkung durch eine überbetriebliche gesetzliche Arbeitnehmerinteressenvertretung (insbesondere österreichische Arbeiterkammer) geschlossenen Vergleiche, für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Schuld und damit auch die Strafbarkeit nach LSD-BG ausschließen.
     
  • Aussetzung bei Gerichtsverfahren (§ 29 Abs 3): Ist ein Entgeltanspruch gerichtsanhängig, muss die Bezirksverwaltungsbehörde das Verfahren wegen Unterentlohnung bis zur Gerichtsentscheidung aussetzen.
     
  • Teilnahme an Schulungen: Keinen politischen Konsens gab es für die Schaffung einer ausdrücklichen gesetzlichen Ausnahmeregelung für längerdauernde Schulungen. Jedoch wurde unter Verweis auf § 1 Abs 5 Z 2 in den erläuternden Bemerkungen auf Seite 4 festgehalten, dass unter die „Teilnahme an Seminaren und Vorträgen“ auch die Teilnahme einer ausländischen Arbeitnehmerin bzw. eines ausländischen Arbeitnehmers an einer kurzfristigen Schulung subsumierbar ist. Wenn mit der Schulung keine Arbeitsleistung verbunden ist, kann auch eine mehrwöchige Schulung noch unter diese Ausnahme fallen. Eine unveränderte Weitergeltung der bisherigen Randziffer 26 des Erlasses wurde politisch zugesagt.
     
  • Strafnachsicht – Bagatellgrenze von zehn Prozent: Das Sozialministerium hat eine Verankerung der Zehnprozentgrenze im Gesetz abgelehnt, jedoch wurde im Ministerratsvortrag zum Regierungsbeschluss festgehalten, dass der „Erlass des BMASK „Die lohnschutzrechtlichen Bestimmungen des AVRAG (LSDB-Richtlinien 2015)“ im Hinblick auf die Neuerlassung des LSD-BG und den damit verbundenen neuen Regelungen überarbeitet und auch für die Krankenversicherungsträger und die Bezirksverwaltungsbehörden verbindliche Wirkung erhalten soll, wie dies bereits für das Kompetenzzentrum LSDB der Fall ist. Die Ausführungen zum unverändert übernommenen Rechtsbestand werden dabei, insbesondere betreffend die Entgeltbestimmungen und die Nachsicht (d.h. damit insbesondere auch die Zehnprozentgrenze) beibehalten“.
     
  • Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit den Behörden und Stellen anderer Staaten:
    • Zur Unterstützung der grenzüberschreitenden Durchsetzung von Strafentscheidungen wie für die gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit mit Behörden anderer EU- und EWR-Mitgliedstaaten ist die Verwendung des Binnenmarkt-Informationssystems (IMI) vorgesehen.
    • In Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie zur Entsende-Richtlinie wurden zudem zur Verbesserung der Durchführbarkeit von Verwaltungsstraf- und Vollstreckungsverfahren gegen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Österreich grenzüberschreitend entsenden oder überlassen, die nationalen behördlichen Voraussetzungen zur besseren verwaltungsbehördlichen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten geschaffen (§§ 36 ff). 
       

Weitere Punkte im LSD-BG

  • Einbindung der Beschäftigungsverhältnisse nach dem Heimarbeitsgesetz in das Lohnkontrollgefüge nach dem LSD-BG
  • Verstärkte Einbindung des Landarbeitsrechts in das LSD-BG
  • Darstellung der materiell-rechtlichen Ansprüche von grenzüberschreitend entsandten oder überlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nach Österreich, insbesondere hinsichtlich Entgelt, Urlaub, Arbeitszeit (§§ 3-6)
  • Neuanordnung der Strafregelungen des LSD-BG unter Beibehaltung der bisherigen Strafrahmen bei LSD-BG Verstößen (§§ 25 ff): Eine generelle Absenkung der Strafrahmen im Falle von LSD-BG Verstößen wurde sowohl seitens des Sozialministeriums und der AN-Seite abgelehnt.
  • Schaffung eines Benachteiligungsverbots für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit im Sinne des Art 45 AEUV Gebrauch machen (§ 7 AVRAG)
  • Neue Internetplattform zum Thema Entsendung („Entsendeplattform“): Im Zuge des LSD-BG wurde die Website www.entsendeplattform.at eingerichtet. Das neue Service des Sozialministeriums, welches in Kooperation mit der Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) entstand, bietet Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Unternehmen Informationen zum Thema Entsendung und Überlassung nach Österreich. Die Website ist gegenwärtig in deutscher und englischer Sprache verfügbar.

Kontakt:
Helwig AubauerJulia Schitter

Verwandte Themen