„Im Rahmen einer repräsentativen Studie hat die Industriellenvereinigung Kärnten in Kooperation mit der Kelag und in Zusammenarbeit mit 20 energieintensiven Unternehmen einen Plan zur mittelfristigen Dekarbonisierung der Kärntner Industrie erarbeitet. Diese Unternehmen repräsentieren mehr als 50 Prozent des Industriestrombedarfs bzw. mehr als 65 Prozent des Industriegasbedarfs in Kärnten. Konkret haben die Betriebe sehr umfangreiche Fragebögen ausgefüllt und detaillierte Angaben zu ihren Energiebedarfen bis 2040 geliefert, die anschließend vom internationalen Beratungsunternehmen Compass Lexecon analysiert und ausgewertet wurden“, erklärt Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der IV Kärnten. Daraus wurde ein strategisches Zielbild entwickelt, das zeigt, durch welchen Energieträgermix der Bedarf der Kärntner Industrie in Zukunft abgedeckt werden könnte. Der Titel der Studie: „Nachhaltiger Energiemix für die Kärntner Industrie“.
Hintergrund für die Abfrage der Bedarfe der energieintensiven Industrie ist die Energiestrategie des Landes Kärnten, welche im Auftrag von Energiereferent Sebastian Schuschnig (ÖVP) unter Federführung der FH Kärnten erstellt wird. „Hier hat es aus Sicht der IV Kärnten Lücken gegeben, die mit den vorliegenden Ergebnissen geschlossen werden sollen“, so Mischensky. Denn immerhin rechnen die 20 befragten Unternehmen damit, dass sich der Strombedarf bis zum Jahr 2040 auf 2.649 GWh verdoppeln wird und die Nachfrage nach Wasserstoff bis 2030 von derzeit nahezu null auf mehr als 1000 GWh steigen wird.
Konkret hat Compass Lexecon für die IV-Kärnten und die Kelag ein Projekt zur Versorgung der Kärntner Industrie mit grüner Energie durchgeführt. Die Projektergebnisse werden von Anton Burger, Vice President Compass Lexecon Berlin, wie folgt beschrieben:
Energie als zentraler Faktor für Infineon
Zentrale Faktoren für ein internationales Unternehmen wie Infineon sind die Attraktivität eines Wirtschaftsstandorts und die entsprechenden Rahmenbedingungen. Energie und Kosten hierfür spielen eine große Rolle. Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies Austria AG:
„Die Zukunftsfähigkeit der Kärntner Industrie und unseres Wirtschaftsstandorts hängt wesentlich davon ab, dass wir den Übergang zur Klimaneutralität erreichen und gleichzeitig unsere Wettbewerbsfähigkeit steigern. Wir als Halbleiterunternehmen erleben das bereits im internationalen Vergleich: Um eine florierende Zukunft mit sicheren Arbeitsplätzen und Wertschöpfung zu gewährleisten, brauchen wir eine stabile, leistungsstarke und bezahlbare Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen, die uns unabhängig von fossilen Brennstoffen und geopolitischen Krisen macht. Unsere energieeffizienten Chips aus Villach sind dabei ein entscheidender Hebel, um die globale Energiewende von der Energieerzeugung, -übertragung bis zur -nutzung zu ermöglichen.“
Anforderungen bei der Treibacher Industrie AG
„Für den gesamten Wirtschaftsstandort Kärnten und für uns als Treibacher Industrie AG ist eine sichere und leistbare Energieversorgung durch erneuerbare Energien von zentraler Bedeutung. Wir sehen, dass sich unser Strombedarf bis 2040 fast verdoppeln wird, da wir verstärkt fossile Energieträger durch Grüne Technologien ersetzen“, erklärt auch Rene Haberl, Vorstand der Treibacher Industrie AG. Das betreffe insbesondere den Einsatz von Grünem Wasserstoff und die Elektrifizierung von Hochtemperaturprozessen, die heute noch mit Erdgas betrieben werden.
Haberl: „Dafür sind erhebliche Investitionen notwendig, die nur eine starke Industrie mit einer klaren Standortperspektive tätigen kann. Als Industrie müssen wir deshalb die Möglichkeit haben, solche Projekte umzusetzen. Selbst auf Deponieflächen, die als bevorzugte Standorte für Freiflächen-PV-Anlagen genannt werden, bekommen wir in Kärnten keine schnelle Genehmigung. Es scheitert bereits an langwierigen Verhandlungen bezüglich der Umwidmung, die eine Voraussetzung für die Anlagengenehmigung darstellt.“ Erneuerbare Energieprojekte müssten in allen relevanten Rechtsmaterien in das „überragende öffentliche Interesse“ gehoben werden. „Nur dann können Genehmigungen beschleunigt und regionale Energiepotenziale erschlossen werden“, erklärt Haberl. Die Priorisierung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen und der Ausbau moderner Windkraftanlagen würden die regionale Wertschöpfung stärken und zur Unabhängigkeit von externen Energiequellen beitragen. „Nur so können wir die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und damit auch die vielen Industrie-Arbeitsplätze langfristig erhalten“, erklärt Haberl.
Die fünf wichtigsten Handlungsfelder
Timo Springer, Präsident der IV Kärnten, betont die Bedeutung der Kärntner Industrie als mit Abstand wichtigsten Wirtschaftszweig. Mit einer voraussichtlichen Verdoppelung des Strombedarfes bis 2040 sei diese außerdem im Österreich-Vergleich besonders energieintensiv. „Inklusive der bezogenen Dienstleistungen steht die Kärntner Industrie für 55 Prozent der Wertschöpfung und mehr als 100.000 Beschäftigte“, so Springer. Die Energiewende berge Chancen und Herausforderungen für den Standort Kärnten und damit auch für die Industrie. Fast zwei Drittel des gesamten Energieverbrauchs muss in Österreich importiert werden. „Das macht uns anfällig für Preiskrisen und gefährdet die Versorgungssicherheit. Industrie braucht Planungssicherheit“, betont Springer. Der Weg in die Energiezukunft müsse parteiübergreifend außer Streit gestellt werden, sonst würden wertvolle Arbeitsplätze gefährdet. „Wir können uns nicht darauf verlassen, dass andere Länder die Probleme für uns lösen“, sagt Springer. Für leistbare Energie und die Abdeckung der Energiebedarfe brauche es einen nachhaltigen Energiemix. Und auf dem Weg dorthin gebe es aus Sicht der IV fünf wesentliche Handlungsfelder:
Das Forcieren eines ausgewogenen und intelligenten Technologiemix aus Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik, Biomasse, Wasserstoff und Speichern. Insbesondere das Thema Windkraft wird in fast allen Ländern kontrovers diskutiert. Sie ist im Vergleich zu Wasserkraft und Photovoltaik aber die einzige Technologie, die beinahe zwei Drittel der Energie im Winter produziert. Damit ist Windkraft für die Deckung der Winternachfrage und für die Versorgungssicherheit unverzichtbar.
Energiebedarfe als Input für die Energiestrategie
„Aus diesen Handlungsfeldern wiederum leiten sich eine Reihe von Umsetzungsschritten ab, die die Grundlage für die Schaffung eines zukunftsfähigen Rahmens für die Kärntner Industrie bilden“, erklärt Springer. Einer der wichtigsten: „Die zukünftigen Energiebedarfe der Industrie müssen in der Energiestrategie des Landes Kärnten, die gerade erstellt wird, einfließen“. Erneuerbare Energieprojekte müssten rechtlich gesehen von „überragendem öffentlichem Interesse“ sein und der Ausbau von PV auf der Freifläche in entsprechendem Ausmaß erfolgen, ebenso der Ausbau von Windkraftanlagen durch die Ausweisung von Zonen, so Springer.
„Gerade die Bedarfe unserer energieintensiven Industrie müssen bei den Plänen zur mittelfristigen Dekarbonisierung eine wesentliche Rolle spielen. Es ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes, dass diese entsprechend abgedeckt werden können. Und die Ergebnisse dieser Studie müssen als wichtiger Baustein in die Energiestrategie des Landes Kärnten einfließen“, sagt Springer.
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