Knapp ein Viertel der Kärntner Industriebetriebe rechnet mit Abbau von Mitarbeitern

Die jüngste Konjunkturumfrage unter den Kärntner Industrieunternehmen ist ernüchternd. Bereits knapp ein Viertel gehen für die kommenden drei Monate von abnehmenden Beschäftigtenzahlen aus. Die Wirtschaft stagniert weiterhin, ein Aufschwung ist für 2024 nicht in Sicht. Es braucht dringend Reformen, um aus einem SOS-Industriestandort wieder einen zu machen, der zukunftsfit ist. 

61 Industriebetriebe mit rund 22.000 Beschäftigen haben im 2. Quartal 2024 an der Konjunkturumfrage der IV Kärnten teilgenommen. Sie untermauert den bundesweiten Trend, und damit die gerade erst von der Bundes-IV präsentierten Forderungen im Programm SOS Wohlstand. „Grund zur Sorge gibt vor allem die Tatsache, dass mittlerweile schon 23 Prozent der Unternehmen angeben, dass sie für die kommenden Monate von einem abnehmenden Beschäftigtenstand ausgehen“, sagt Timo Springer, Präsident der Industriellenvereinigung Kärnten. Kein einziges der 61 befragten Unternehmen habe angegeben, Mitarbeiter aufbauen zu wollen. Wohl auch deshalb, weil der ursprünglich für Herbst erwartete zumindest leichte Aufschwung ausbleiben wird. „Ein grundlegender konjunktureller Umschwung zum Besseren ist derzeit außer Sichtweite.“  

Geschäftslage und Ertragssituation
„Die Wirtschaft stagniert weiter. Das zeigt sich deutlich in der Beurteilung der Betriebe von Geschäftslage, Ertragssituation und Auftragsbestand“, sagt Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der IV Kärnten. 78 Prozent der Unternehmen gehen in sechs Monaten von einer durchschnittlichen Geschäftslage aus, zehn Prozent von einer schlechten. Ein ähnliches Bild liefert die Einschätzung der Ertragssituation. 80 Prozent der Betriebe glauben, dass diese in den nächsten Monaten maximal durchschnittlich sein wird, 18 Prozent gehen sogar von einer schlechten Ertragslage aus. Einzig die Entwicklung der Auslandsaufträge wird etwas positiver eingeschätzt – 20 Prozent beurteilen sie mit gut. Gleichzeitig sind sich die Unternehmen in Hinblick auf künftige Aufträge bewusst, wie wichtig es ist, Mitarbeiter zu halten – das planen laut Umfrage immerhin noch 77 Prozent. Denn auch der Fachkräftemangel ist ein Thema, das die Industriebetriebe in den nächsten Jahren begleiten wird, so Mischensky.  

SOS für die Wettbewerbsfähigkeit
Um international wettbewerbsfähig zu bleiben bzw. die ohnehin schon angeschlagene Wettbewerbsfähigkeit Österreichs auf Reparaturkurs zu bringen, müssen mehrere Schritte gesetzt werden. Die Industriellenvereinigung hat in ihrer Kampagne zum Thema „SOS Wohlstand“ acht konkrete Maßnahmen vorgestellt, die dringend umgesetzt werden müssen, wenn wir als Industriestandort nicht untergehen wollen (siehe Beilage „SOS-Industriestandort“). „Eine österreichweite Umfrage unter unseren Mitgliedern hat gezeigt, dass es mehrheitlich die hohen Kosten sind, die weitere Investitionen in den Standort Österreich hemmen. Allen voran geht es dabei um Lohnnebenkosten und Inflation gefolgt von der hohen Steuer- und Abgabenlast sowie den Kosten für die Bürokratie. Mit einer Steuer- und Abgabenquote von 43,2, Prozent haben wir einen der höchsten Werte in der EU. Es muss deshalb unser Ziel sein, diese Quote durch einen konsequenten Abgabereduktionspfad bis 2030 auf 40 Prozent zu senken. Konkret sollen es 2026 42 Prozent sein, 2028 41 Prozent und dann 2030 40 Prozent. Und, anstatt über neue Steuern wie die Erbschafts- und Vermögenssteuer nachzudenken, sollten wir uns auf Effizienz und Innovation konzentrieren. Wir brauchen einen Staat, der die Fleißigen entlastet, und der es den arbeitenden Menschen ermöglicht, etwas aufzubauen“, fordert Springer. Um die künftige Regierung hier in die Pflicht zu nehmen, sei es erforderlich, verbindliche Ziele festzulegen.  

Maßnahmen zur Erhöhung der Arbeitszeit
„Nur so wird es uns auch gelingen, das Arbeitsvolumen zu erhöhen. Wir müssen bewusst Anreize für mehr Arbeit setzen. Eine Debatte über Teilzeit- und Vollzeitarbeit ist unumgänglich. Aktuell arbeiten 30 Prozent der Beschäftigten in Österreich in Teilzeit. Das ist die zweithöchste Quote in der EU. Und leider bevorzugt unser Steuersystem derzeit Teilzeitarbeit“, sagt Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Kärnten. Es brauche daher dringend eine Abflachung der Steuerprogression und die Einführung eines Vollzeitbonus, um die entsprechenden Anreize zu schaffen. Auch die tatsächlich geleistete Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten ist im internationalen Vergleich gering (sie beträgt 37,6 Stunden) und liegt im unteren Drittel der EU-Länder. „Eine kleine Anpassung, wie 15 Minuten mehr Arbeit am Vormittag und am Nachmittag, sind aus Sicht der IV ein vertretbarer Beitrag. Berechnungen zeigen, dass wir damit das prognostizierte BIP-Wachstum verdoppeln könnten, wenn dies mit einem entsprechenden Lohnausgleich einhergeht“, so Mischensky.  

Pensionsreform dringend in Angriff nehmen
Unausweichlich sind außerdem Pensionsreformen. Das aktuelle Pensionssystem ist unfair und verbaut den nächsten Generationen die Zukunft. „Bis 2050 wird unser Pensionssystem das Budget kumuliert mit einer Billion Euro belasten, die wir in Bildung, Infrastruktur und Innovation investieren könnten“, betont Springer. Für Pensionen seien derzeit vier Mal so viel Mittel vorgesehen, wie für Wissenschaft und Forschung. Es werde auch notwendig sein, das faktische Pensionsalter dem OECD-Schnitt anzupassen (Österreich 60,9 F/61,1 M; OECD-Schnitt 63,1 F/64,4 M).  

 Bürokratiehürden abbauen
„Ein weiterer wesentlicher Hemmschuh für Wachstum sind die zunehmenden bürokratischen Belastungen. Gesetzlich vorgegebene Berichtspflichten begleiten Unternehmen Tag für Tag und haben ein Ausmaß erreicht, das einen massiven administrativen Aufwand verursacht, der in keiner Relation zu zusätzlichem Informations- und Transparenzgewinn steht“, kritisiert Springer. Alleine in den vergangenen vier Jahren habe die EU den Unternehmen insgesamt 850 neue Verpflichtungen auferlegt, was mehr als 5000 Seiten an Rechtsvorschriften entspricht.  

„Im September wird auf Bundesebene gewählt. Und es werden mutige und entschlossene Schritte der nächsten Bundesregierung erforderlich sein, um Österreich zukunftsfähig zu machen. Die dafür notwendigen Punkte aus Sicht der Industrie liegen auf dem Tisch“, betont Springer.  

Ein Blick auf Kärnten
In Kärnten bereitet der vom Landesrechnungshof stark kritisierte Rechnungsabschluss 2023 Sorgen. Die Schulden liegen bei 3,8 Milliarden Euro, das waren um knapp 250 Millionen Euro mehr als im Jahr 2022. „Um tatsächlich Einsparungspotenziale zu erreichen, müssen auch größere Einschnitte in Angriff genommen werden“, fordert Springer. Wichtig für die Industrie seien außerdem Verfahrensbeschleunigungen auch auf Landesebene. In dem Zusammenhang sei das gerade erst beschlossene Energiewendegesetz hervorzuheben, das wesentlich zur Entwicklung des Industriestandortes beitrage.  

„Die Änderung der Gesetzgebung war Teil der Forderungen der Industriellenvereinigung in dem 20-Punkt-Programm, welches im Vorjahr nach der Landtagswahl vorgestellt wurde. Besonders positiv zu beurteilen ist aus Sicht der IV das in dem Gesetz verankerte übergeordnete öffentliche Interesse gegenüber der Erhaltung des Landschaftsbildes“, sagt Mischensky. Auch Maßnahmen wie die jetzt vorliegende PV-Verordnung werden seitens der Industrie begrüßt. Sie dienen gerade durch den Wegfall von gesonderten Widmungsverfahren der Beschleunigung. Weiterer, positiver Ansatz: Wirtschaftsreferent Sebastian Schuschnig hat der IV in einem Schreiben mitgeteilt, dass das Land Kärnten einen Entbürokratisierungsprozess in der Landesverwaltung startet, um den Bürokratieabbau voranzutreiben. Diese Initiative erfolgt auf Anstoß von Wirtschaftsreferent Schuschnig und Landeshauptmann Peter Kaiser und soll von der Wirtschaftsombudsstelle begleitet werden. Die Industriellenvereinigung wurde gebeten, Maßnahmenvorschläge einzubringen.