Chinas Wettlauf um die grüne Vorherrschaft

Die Chinaexpertin Lia Musitz war mit einem Vortrag zum Thema „Klimaneutralität als Wirtschaftsstrategie – Chinas Weg zur grünen Technologieführerschaft“ zu Gast bei der IV Kärnten. Und sie hat auch darüber gesprochen, was wir von China lernen können. 

China befindet sich auf einem ambitionierten Kurs: Das Land will bis 2060 klimaneutral werden – und nimmt dabei eine zentrale Rolle im globalen Transformationsprozess ein. Anders als viele westliche Länder verbinde China Klimaschutz konsequent mit wirtschaftlicher Strategie, industrieller Modernisierung und geopolitischem Machtanspruch, so Lia Musitz, Sachautorin und Doktorandin an der Goethe Universität Frankfurt. 

Klimaschutz als Industriepolitik

Chinas Zugang zur Klimaneutralität sei staatlich gelenkt, technologiegetrieben und global ausgerichtet. Das Land investiere Milliarden in erneuerbare Energien, Elektromobilität, Wasserstoff, grüne Infrastruktur und High-Tech-Lösungen. Die chinesische Regierung sieht Klimaschutz nicht als Belastung, sondern als Chance zur Festigung globaler wirtschaftlicher Führungspositionen. Musitz liefert auch beeindruckende Zahlen: China ist der weltgrößte Produzent von Photovoltaikmodulen – mit über 80 Prozent Marktanteil, und der Ausbau der Wind- und Solarenergie wächst schneller als in jedem anderen Land. Mehr als 50 Prozent aller neuen Elektroautos weltweit kommen heute aus China. Der Staat fördert massiv den Aufbau grüner Industrieketten, von Batterien über Rohstoffe bis zu Speicherlösungen.

Globaler Druck – geopolitische Hebel

China positioniert sich nicht nur als Technologieführer, sondern auch als globaler Regulator. Mit eigenen Standards und Exportoffensiven versucht das Land, internationale Märkte und Lieferketten zu prägen. Gleichzeitig steigen die Erwartungen der anderen Länder an Chinas tatsächliche CO₂-Reduktionen – denn noch immer ist das Land für rund 30 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich.

Widerspruch in sich?

Chinas Weg ist nicht frei von Widersprüchen: Während saubere Technologien gefördert werden, steigt der Energieverbrauch und Kohle bleibt vorerst ein zentraler Bestandteil der Versorgungssicherheit. Die Transformation erfolgt nicht aus Umweltidealismus, sondern aus strategischem Kalkül – mit dem Ziel, globale wirtschaftliche Dominanz zu sichern. Wirtschaftsstrategie

Was lernen wir von China? „Planung und Standortpolitik. Was China gut macht, ist, dass es sich genau ansieht, in welcher Region es welchen wirtschaftlichen Vorteil gibt, und wie dieser genutzt werden kann, sodass nicht jede Region im Wettbewerb steht. Es wird stärker geclustert. Davon kann auch die EU lernen. Sie sollte sich viel stärker ansehen, welches Land in welchen Bereichen welche Stärken hat. Wir sind zum Beispiel super bei Technologien für Recycling. China braucht das – warum spezialisieren wir uns nicht darauf? Wir sind auch gut bei energieeffizienten Gebäuden. Es gibt Sachen, die wir tun könnten und auf EU-Ebene besser organisieren“, sagt Musitz. Und weiter: „Wir brauchen auch klare Ziele. Und ich muss wissen, wenn ich investiere, mit welchen EU-Geldern kann ich rechnen, was muss ich tun, damit ich welche Subventionen bekomme?“

Chinas Weg zur Klimaneutralität ist rasant, komplex und machtpolitisch geprägt. Wer verstehen will, wie sich der weltweite Wettbewerb um Zukunftstechnologien, Marktanteile und geopolitischen Einfluss entwickelt, kommt an China nicht vorbei.