60 Unternehmen mit rund 20.000 Beschäftigten haben an der Konjunkturumfrage der IV Kärnten für das 2. Quartal 2025 teilgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass nach der deutlich rezessiven Phase kein Aufschwung kommt, sondern lediglich Stagnation. Während die Geschäftslage aktuell von 15 Prozent der Befragten mit schlecht beurteilt wird, rechnen in sechs Monaten sogar 17 Prozent mit einer schlechten Entwicklung. Die Ertragssituation wird derzeit von 23 Prozent als schlecht beurteilt, in sechs Monaten gehen noch immer 21 Prozent der befragten Unternehmen von einer schlechten Ertragssituation aus. Alarmierend: „Die Einschätzung in Bezug auf den Beschäftigtenstand hat sich gegenüber dem 1. Quartal wieder verschlechtert. Im Jänner 2025 war noch mehr als die Hälfte aller Industriebetriebe in Kärnten davon ausgegangen, Mitarbeiter abbauen zu müssen, im April 2025 waren es „nur noch“ 14 Prozent. Jetzt allerdings denken wieder 38 Prozent der Kärntner Industriebetriebe darüber nach, in den kommenden drei Monaten die Zahl der Beschäftigten reduzieren zu müssen“, sagt Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Kärnten.
Globale Unsicherheit trifft auf nationale Schwächen
Warum ist es aktuell so schwierig, in Österreich ein Industrieunternehmen zu sein? „Die Welt befindet sich in einem Zustand dauerhafter Instabilität. Kriegerische Auseinandersetzungen, geopolitische Spannungen und wirtschaftspolitische Unsicherheiten prägen das globale Umfeld. Jeder siebente Mensch lebt mittlerweile in einem Konfliktgebiet, und das bedeutet eine dramatische Zunahme der globalen Unruhe, die auch an Österreich nicht spurlos vorbeigeht“, erklärt Mischensky.
Industrie unter Druck – Österreich rutscht ab
„In dieser global herausfordernden Lage gerät der Industriestandort Österreich zunehmend ins Hintertreffen“, sagt Timo Springer, Präsident der IV Kärnten. Die Anzahl der Tigerstaaten wächst, die volkswirtschaftliche Entwicklung zeigt klar: Österreich ist mit minus 0,3 Prozent Schlusslicht im EU-Wachstumsvergleich 2025. Produktionsvolumen und Bruttowertschöpfung sinken seit Ende 2022 kontinuierlich. „Die Industrieproduktion fällt und mit ihr auch Beschäftigung, Investitionen und Innovationskraft. Im IMD World Competitiveness Ranking sind wir 2025 auf den 26. Platz abgerutscht, 2020 war es zumindest noch Platz 16, 2007 Platz 11“, so Springer.
Hohe Standortkosten, niedrige Wettbewerbsfähigkeit
Ein wesentlicher Grund dafür liegt in den strukturellen Schwächen, die den Standort belasten:
Unternehmen wollen bleiben, aber können nicht mehr
„Trotz aller Widrigkeiten wollen viele Industriebetriebe weiterhin am Standort Österreich investieren, wachsen und ausbilden. Doch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen es zunehmend unmöglich. Wenn Produktion aufgrund von Lohnkosten, Energiepreisen oder regulatorischem Aufwand nicht mehr konkurrenzfähig ist, wird sie ins Ausland verlagert, oft widerwillig, aber aus unternehmerischer Notwendigkeit“, mahnt Springer.
Deindustrialisierung als reale Bedrohung
Dieser schleichende Rückzug der Industrie ist kein abstrakter Prozess, es ist Deindustrialisierung in Echtzeit. Was folgt, ist ein gefährlicher Kreislauf: „Es wird weniger investiert, weniger produziert, weniger ausgebildet. Die Zahl der Arbeitsplätze sinkt, Wertschöpfung geht verloren, und damit die Basis unseres Wohlstandes“, sagt Mischensky.
Was jetzt zu tun ist
Um diese Entwicklung aufzuhalten, braucht es eine entschlossene Standortpolitik: weniger Regulierung, flexiblere Arbeitsmärkte, gezielte Förderung von Innovation und Ausbildung sowie echte Entlastungen bei Lohnnebenkosten und Energie. Nur so kann es gelingen, die Industrie in Österreich zu halten und damit Arbeitsplätze, Wohlstand und Zukunftssicherheit für kommende Generationen.
Und konkret in Kärnten? „In unserem aktuellen Strategiepapier haben wir aufgezeigt, was es am Standort Kärnten braucht, damit unsere Industrie erfolgreich arbeiten kann. Nämlich gezielte Reformen und Investitionen in mehreren Schlüsselbereichen“, sagt Mischensky. Eine Maßnahme ist die Modernisierung des Bildungssystems mit einem klaren Fokus auf MINT-Kompetenzen, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Ebenso zentral ist eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Hochschulen, um Innovation und Technologietransfer zu fördern. Ein weiterer Hebel ist der Abbau bürokratischer Hürden sowie die Einrichtung eines zentralen One-Stop-Shops für Innovationsförderung, der Verfahren vereinfacht und beschleunigt. Um Forschung und Entwicklung gezielt zu stärken, fordert die Industrie zudem einen umfassenden „Innovations-Masterplan Kärnten“.
380-kV-Leitung
Besonders kritisch ist der Ausbau der Energie- und Netzinfrastruktur, allen voran die gerade in Planung befindliche 380-kV-Leitung, die für eine sichere und stabile Stromversorgung im Land unerlässlich ist. Sie ist die Grundlage dafür, dass energieintensive Industriebetriebe zuverlässig planen, produzieren und wachsen können. „Ohne diese Infrastruktur drohen Versorgungsengpässe, die Innovation und Wettbewerbsfähigkeit massiv behindern würden“, sagt Mischensky.
Daten 2. Quartal 2025 hier