Landesregierung hat das richtige Mindset

Im Regierungsprogramm der Nachhaltigkeitskoalition sind die richtigen Themen und Maßnahmen angesprochen. Umsetzung in bestehenden Strukturen schwierig. Standortbestimmung Kärntens fehlt. Industriekonjunktur trübt sich weiter ein.

„Mit ihrem Regierungsprogramm beweist die neue Kärntner Landesregierung das richtige Mindset. Die Idee, alles an einem umfassenden Verständnis von Nachhaltigkeit in ökologischer genauso wie ökonomischer, sozialer und kultureller Hinsicht zu orientieren, ist auch aus Sicht der Industrie positiv zu bewerten“, so IV-Kärnten-Präsident Timo Springer bei einer Pressekonferenz in Klagenfurt. Dass viele wichtige Themen im Regierungsprogramm bestenfalls angerissen werden, sei zweifellos der kurzen Vorbereitungszeit geschuldet. Da stecke noch viel Arbeit im Detail.

Wo Springer allerdings erste kritische Worte findet, sind die gegenüber der letzten Legislaturperiode fast noch komplexeren Zuständigkeiten in den Referaten. Die IV Kärnten hätte sich gerade in Schlüsselbereichen wie der Standortentwicklung und -vermarktung klarere Zuständigkeiten gewünscht. Jetzt verschwimme das nicht nur in verschiedensten Landesabteilungen mit unterschiedlichsten Referent:innen, sondern auch im Dickicht der zuständigen Landesgesellschaften von BABEG, KWF, Standortmarketing, Kärnten Werbung bis zur neu zu gründenden Standortagentur für Arbeitskräfte: „Selbst bei perfektem Schnittstellenmanagement sind hier Reibungsverluste vorprogrammiert“, prophezeit Springer. Andere Bundesländer (Steiermark, Oberösterreich) hätten das viel effizienter organisiert. Denn zentrales Thema werde hier zunehmend, das demografisch gebeutelte Land für (junge) Fachkräfte attraktiver zu machen. Das sei zwar erkannt, aber organisatorisch eben nicht optimal vorbereitet worden.

 

Zuverlässige Energieversorgung unerlässlich

Beim Thema Energie merkt Springer positiv an, dass Versorgungssicherheit und Ausbau der Erneuerbaren den nötigen Stellenwert im Regierungsprogramm erhalten: „Die Übersiedlung ins Wirtschaftsreferat lässt hoffen, dass in der Energiewende jetzt buchstäblich ein frischer Wind weht. Industrielle Entwicklung ist nämlich ohne eine zuverlässige Energieversorgung unmöglich“, bringt es Springer auf den Punkt. Die Industrie erwarte sich jetzt einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren vor allem bei Photovoltaik und Windkraft – unterstützt durch entsprechende Zonierungen und eine massive Verstärkung der Netze. Denn die Energiewende werde zu einem stark steigenden Bedarf an elektrischer Energie führen, auch wenn etwa Windkraftgegner immer noch glauben, man könne Kärntens wachsenden Strombedarf allein durch die Wasserkraft und den Zubau von Photovoltaik-Kapazitäten decken. Ein fataler Irrtum, wie uns die Kelag oft genug schlüssig vorgerechnet habe. Springer warnt daher vor einer undifferenzierten Blockadehaltung des nun von den Energieagenden befreiten Umwelt- und Naturschutzreferats. Um faktenbasiert planen zu können, sei übrigens dringend ein Update des Energiemasterplans zu empfehlen.

Im Bildungsbereich unterstrich Springer erneut die Wichtigkeit eines zentralen Bildungscampus für Uni und FH vor allem in den nachgefragten MINT-Studien. Nur eine solche Konzentration könne Kärnten für Studierende von außen attraktiv machen. Explizit berücksichtigt sei der Bildungscampus im Regierungsprogramm nicht.

Schließlich kam Springer noch auf die Infrastruktur zu sprechen. Positiv merkt er an, dass sowohl Straßenausbau als auch -sanierung wieder mehr Beachtung finden und dass die neue Landesregierung auch der Entwicklung im Umfeld des Jahrhundertprojekts Koralmbahn besser Rechnung tragen wolle: Vom Zubringerverkehr bis zur Güterlogistik (LCA-Süd, Terminal Kühnsdorf). Allein der Bestand des Flughafens Klagenfurt bereitet ihm Sorgen. Das Bekenntnis zum Flughafen werde nicht reichen, es brauche auch ein professionell aufgesetztes Geschäftsmodell.

 

Nachbessern bei Forschung und Digitalisierung

IV-Kärnten-Geschäftsführerin Claudia Mischensky sprach anschließend den Innovations- und Forschungsstandort Kärnten an. So erfreulich es auch sei, dass Kärntens Betriebe rund 80 Prozent zur Forschungsleistung des Landes beitrügen, dies könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Innovationen von viel zu wenigen Betrieben kämen. Hier brauche es einen deutlich niederschwelligeren Zugang zur Forschung, um die derzeit im Bundesländervergleich bescheidenen 220 forschenden Einheiten möglichst rasch auf 330 zu erhöhen, wie es die IV Kärnten fordert. Über Jahre aufgebaute Forschungszentren müssen stärker in der regionalen Wirtschaft verankert werden, so Mischensky. Es brauche außerdem eine Art Forschungs-Ombudsstelle, die Betriebe mit guten Ideen in der Umsetzung unterstütze. Nichts davon finde sich leider im Regierungsprogramm.

Das gelte auch für strategische Themen. Mischensky urgiert hier entlang von Kärntens Stärkefeldern eine gezielte Analyse der Lücken in den Wertschöpfungsketten, um eine Faktenbasis, eine Standortbestimmung, für die Wirtschaftsentwicklung zu schaffen. Ähnliches gelte für die Digitalisierung: die Digitalisierung der Verwaltung stehe lobenswerter Weise im Programm, jene der Wirtschaft nicht. Trotz einiger viel versprechender Initiativen wie des DIH-Süd fehle weiterhin eine Bestandserhebung über die digitale Fitness der Wirtschaft, die nach oberösterreichischem Vorbild dringend durchgeführt werden sollte, um Ausbildung und Förderungen gezielt planen zu können.

 

Schwache Industriekonjunktur

„Die schon im letzten Quartal 2022 erkennbare stagnative Entwicklung setzt sich fort, wenn auch nicht bedrohlich“, so Mischensky bei ihrem Ausblick auf Kärntner industrielle Entwicklung in den nächsten Monaten. Am positivsten wird die Beschäftigtenentwicklung beurteilt. Genau die Hälfte der Unternehmen planen in den nächsten drei Monaten neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen. „In den auch stark industriell geprägten Metall- und Elektroberufen waren laut AMS-Kärnten im März 1.900 offene Stellen gemeldet, in den technischen Berufen noch einmal 773. „Man wird sich an das paradoxe Phänomen gewöhnen müssen, dass auch in wirtschaftlich weniger erfreulichen Zeiten, weiter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht werden“, so Mischensky. Ein absolutes Novum sei in der aktuellen Konjunkturumfrage vom 1. Quartal 2023 übrigens, dass diesmal fast doppelt so viele Betriebe positive Auslandsaufträge melden als allgemein Auftrage (39 zu 21 Prozent). Das zeige nur, wie wichtig der Export für den Wohlstand im Land sei und wie positiv sich die Ratifizierung z.B. des Mercosur-Abkommens mit vier ökonomisch wichtigen Staaten Südamerikas auswirken würde.

An der aktuellen Konjunkturumfrage nahmen zwischen 9. März und 6. April 2023 59 Unternehmen mit 20.974 Beschäftigten teil. Gewichtet wird nach Beschäftigtenzahl.  

 Daten 1 Quartal 2023

Grafik 1. Quartal 2023

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