Landeshauptstadt fehlt die Positionierung

Klagenfurter IV-Mitgliedsunternehmen im konstruktiven Austausch mit den beiden Stadträten Max Habenicht (Wirtschaft) und Corinna Smrecnik (Stadtentwicklung, Verkehr). Eine Diskussion über fehlende Perspektiven, Leuchtturmprojekte und die bedrohliche demografische Entwicklung. 

IV-Kärnten-Geschäftsführerin Claudia Mischensky wies schon in ihrer Einleitung darauf hin, dass Klagenfurt beim Wachstum der Bevölkerung und im Produktionssektor deutlich hinter Villach zurückfalle. Die Landeshauptstadt habe jedoch eine Gesamtverantwortung für den Zentralraum wahrzunehmen.

Es war ein bunter Strauß von Themen, die die IV-Mitglieder an die beiden Politiker herantrugen. Grundtenor war das Fehlen von Leuchtturmprojekten und Perspektiven für junge Menschen sowie deren qualifizierter Zuzug. Den brauchen die Unternehmen dringend, um den Betrieb aufrechterhalten und volkswirtschaftlich gesehen Wohlstandseinbußen verhindern zu können. Dieter Wagner von Kraus Betriebsausstattung und Fördertechnik wünscht sich etwa einen Schulterschluss von Politik und Sozialpartnern, um geplanten und qualifizierten Zuzug zu ermöglichen. Er nennt Beispiele aus Tschechien, wo ansiedlungswilligen Fachkräften und Drittstaatsangehörigen von der Wohnung über den Sprachkurs bis zum Kindergartenplatz für den Nachwuchs alles angeboten werde.

Mehr bezahlte Urlaubstage?

Michael Velmeden von cms electronics wünscht sich eine klare wirtschaftspolitische Positionierung, das Schließen von Wertschöpfungsketten zwischen Lakesidepark und Hochschulstandort. Gänzlich unverständlich ist ihm, wie man im Stadtmagistrat trotz angeblicher Budgetprobleme über zwei zusätzliche bezahlte Urlaubstage und die Mittagspause diskutieren könne. Eine derartige Maßnahme würde in seinem Unternehmen einer Lohnerhöhung um 7,5 Prozent gleichkommen – was Stadtrat Max Habenicht später für Klagenfurt indirekt bestätigte.

Herta Stockbauer sieht die „Oase“, die sich die BKS Bank in Klagenfurt geschaffen habe, positiv. Sie spricht aber die „erschreckende Überalterung“ der Bevölkerung an, die niedrige Erwerbsquote und den Mangel an Leuchtturmprojekten. Es fehle die Attraktivität für junge Leute. Sie fordert die Stadtpolitik auf, größer zu denken. Mit Dieter Sturm von Philips ist sie sich einig, dass es mehr junge Talente brauche. Vor allem die Verfügbarkeit von IT-Fachkräften, die Philips für Digitalisierung und App-Entwicklung zu neuen Geräten brauche, seien standortentscheidend. So positiv Sturm die Möglichkeiten mit FH und Lakesidepark sehe, er wünsche sich da mehr Kooperation auch mit anderen Betrieben in Form einer gemeinsamen Plattform, damit nicht jeder sein eigenes Labor unterhalten müsse.

Junge Menschen gewinnen

Auch für René Eres von A1 ist die Mitarbeitersuche das größte Problem. In Kärnten beschäftigt man 400 Mitarbeiter. Hier befindet sich das Kompetenzzentrum Security. Eres verortet das große Loch in der Alterspyramide bei jungen Menschen zwischen 18 und 30 Jahren. Da verlassen viele das Land und kommen nur zum Teil mit Familie wieder.

Alp Dalkilic von der Austrian Anadi Bank sieht auch in der Gewinnung von jungen Menschen für Kärnten die größte Herausforderung. Klagenfurt müsse sich entscheiden, wofür es stehen wolle und die Urbanität ausbauen. Für Ferdinand Bucher ist der Schlüssel zu mehr jungen Talenten die Exzellenz im Bildungsangebot. Man müsse nicht alles anbieten, aber was man anbiete, müsse Weltspitze sein. Auch Ulrike Hochsteiner von Ernst & Young bemängelt das unklare Leitbild Klagenfurts und die fehlenden Leuchtturmprojekte. Graz und Linz kommen hier immer wieder als Best Practice, sowohl was die Leuchttürme anbelangt als auch die Fokussierung. Sie spricht die schwierige Budgetsituation an und rät zur Verwaltungs- und Haushaltsreform.

Infrastrukturprobleme

Wie ein roter Faden ziehen sich durch die Statements der IV-Mitglieder die unbefriedigende Infrastruktur („peinlicher“ Flughafen, schlechte Anbindungen im Öffentlichen Verkehr, Anbindung der Industriezone im Süden Klagenfurts mit Südring und Ostspange bzw. die Lücken in der Breitbandversorgung, die gerade im pandemiebedingten Homeoffice offenbar wurden).

Offen bekannten die beiden Stadträte, dass sie beim Stadtentwicklungskonzept erst am Anfang stehen und den Input der IV-Mitglieder daher sehr schätzen. Da müsse die Mobilität stärker mitgedacht werden. Bei den zu entwickelnden Gewerbeflächen werde man sich auf den Raum entlang der geplanten Ostspange konzentrieren. Smrecnik und Habenicht unterstrichen, dass junge Talente schwer zu bekommen seien, dass man aber mit der lebenswerten Landeshauptstadt, dem umfangreichen Sport- und Kulturangebot zu punkten hoffe.

Generationswechsel in Verwaltung

Flughafen, Messe – bei vielen Themen fehlt Klagenfurt schlicht die finanzielle Kraft, um selbst gestalten zu können, wurde beim Austausch klar. Entlastung könnte die Effizienzsteigerung in der Verwaltung bringen. Digitalisierung, Homepage, Neugestaltung der Prozesse – hier müsse man wohl auf den Generationswechsel im Stadtmagistrat warten, so die beiden Stadträte. In den nächsten Jahren werden hier – wie übrigens auch beim Land Kärnten – rund 50 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pension gehen.

Claudia Mischensky kündigte jedenfalls Followup-Termine an, in denen man klären wolle, welchen Beitrag die IV zur Stadtentwicklung leisten könne.