Kampf gegen explodierende Energiepreise

In Presse-Hintergrundgespräch, gemeinsamer Aussendung mit der WK-Kärnten, Krisengipfel mit Wirtschaftslandesrat Sebastian Schuschnig, Einzelgesprächen mit Unternehmern und im regen Austausch mit den Experten in Wien bildete IV-Kärnten Bewusstsein auf allen Ebenen und deponierte die Forderungen der Industrie. 

 

Das Presse-Hintergrundgespräch mit ORF, Kleine Zeitung, Kärntner Krone und Austria Presse Agentur bereitete zunächst den Boden. Präsident Timo Springer und Vertreter der Kärntner energieintensiven Industrie rüttelten auf. Bei der Wietersdorfer Gruppe, die u.a. Kalk und Zement herstellt, steigen die Stromkosten von 25 auf 300 Mio. Euro im Jahr, Gas von 9 auf 90 Mio. Euro, berichtete Michael Junghans, Sprecher der Geschäftsführung. Der Energiekostenanteil wachse von 5 bis 10 auf über 50 Prozent, wenn die Preise so bleiben.

René Haberl, Vorstandsmitglied der Treibacher Industrie AG, beziffert die Mehrkosten durch steigende Energiekosten im nächsten Jahr mit 60 Mio. Euro, ohne dass hier die Mehrkosten durch steigende Rohstoffpreise berücksichtigt sind, die ja ebenfalls steigen. 60 Mio. Euro – das entspricht ziemlich genau den gesamten Personalkosten seines Unternehmens.

An solche Volumina wagt Manfred Ebenberger, Werksleiter des Standorts Brückl der Donau Chemie gar nicht zu denken. Schon unter den bisherigen Bedingungen beträgt der Anteil der Energiekosten dem Fünffachen des Personalaufwands. In Zahlen ausgedrückt sind das 220 Mio. Kilowattstunden oder etwa der Strombedarf aller Haushalte in Klagenfurt. IV-Kärnten-Präsident Springer warnte daher: „Es geht schnell, dass ganze Industriezweige umfallen, mit unabsehbaren Effekten für die Wirtschaft. Eine Produktion, die einmal schließt, sperrt nicht wieder auf.“ Alle Industrievertreter betonten, dass am Anfang fast aller Wertschöpfungsketten energieintensive Produktionen stünden, egal ob Stahl, Baustoffe, Chemie. Springer warnte vor einer Deindustrialisierung Kärntens und Österreichs.

Verlust der Wettbewerbsfähigkeit

In einer gemeinsamen Aussendung mit der Wirtschaftskammer Kärnten betonte die IV, dass alle Betriebe von der Energiepreisexplosion betroffen seien: „Die durch ein Versagen der Energiemärkte hervorgerufene Explosion der Preise bei praktisch allen Energieträgern bringt immer mehr Betriebe in ernsthafte wirtschaftliche Probleme, die sich spätestens nach dem Jahreswechsel auch massiv auf dem Arbeitsmarkt auswirken werden, wenn nicht gegengesteuert wird. Egal welche Branche der Wirtschaft, egal wie hoch der Mitarbeiterstand, überall die gleiche Situation: Nicht selten 10fach höhere Energiekosten, die viele Betriebe regelrecht aus dem Markt katapultieren. Sukzessive laufen alte ‚günstige‘ Energielieferverträge aus und kommen die Preiserhöhungen in der gesamten Wirtschaft an. Im Inland sinkt die Nachfrage, weil auch die Haushalte immer mehr unter der Inflation leiden, im Export muss man am internationalen Parkett mit Unternehmen konkurrieren, für die es keine Energiepreiserhöhungen gibt. Rund die Hälfte der Kärntner Arbeitsplätze hängt aber am Export!“

Regionaler Handlungsbedarf

Am Tag, an dem die Bundesregierung den Energiekostenzuschuss zur Entlastung der Betriebe verkündete, wurde in einem „Industrie-Konjunktur-Gespräch“ mit dem Kärntner Wirtschaftslandesrat Sebastian Schuschnig, Vertretern aus Industrie, Gewerbe, Sozialpartnern und Energieversorgern auch über regionale Lösungen beraten. Alle waren sich einig, dass weder das vorgesehene Volumen des Zuschusses ausreichen werde, noch die Dauer der Geltung. Auf regionaler Ebene forderte IV-Kärnten-Vizepräsident Michael Velmeden auf, endlich ins Tun zu kommen. Er sprach die schleppenden Genehmigungsverfahren beim Ausbau der Erneuerbaren und der Leitungsnetze an. Außerdem brauche es ganzheitliche Strategien im Umgang mit Energieversorgung und Klimazielen. Vertreter der Energieversorger stellten klar, dass man sich nicht den Luxus leisten könne, sich nur auf einzelne Erneuerbare Energieträger zu konzentrieren. Es brauche den konzertierten Ausbau von Wasserkraft, Windenergie und Photovoltaik, um die Klimaziele zu erreichen und sich unabhängiger von den Fossilen zu machen.

 Forderungen der Industrie

  • Rasche Entkoppelung des Gas- und Strompreises durch temporären Ausgleich beim Gaspreis (Extreme-Peak-Modell) und Begrenzung des Strompreises (Strompreis-Cap). Beim Extreme-Peak-Modell geht es im Wesentlichen darum, Extremspitzen beim Gaspreis auszugleichen, sprich ab einer gewissen Grenze staatlich zu subventionieren, um rasch für Entlastung zu sorgen und Planungssicherheit herzustellen. Der Strompreis-Cap soll über einen EU-weit akkordierten staatlichen Eingriff den Strompreis begrenzen und damit vom Gaspreis entkoppeln. Ebenfalls EU-weit soll auf Basis der bestehenden Merit Order ein Höchstpreis für Strom durchgesetzt werden, etwa indem der Gasverbrauch für Kraftwerke staatlich gestützt wird.
  • Liquiditätsstärkende Maßnahmen: Die von der Bundesregierung im Rahmen des so genannten Energiekostenzuschusses vorgesehenen Mittel müssen dringend auf 2,5 Mrd. Euro ausgeweitet werden. Zusätzlich braucht es staatliche Garantien zur Absicherung von Betriebsmittelkrediten sowie die Einführung eines Verlustrücktrags, der sich bereits in der Pandemie bewährt hat. Sofortige Rücknahme des „CO2-Preises“, der vorläufig auf 0,- Euro gestellt werden soll. Bei derart hohen Energiepreisen sind keine Lenkungseffekte im Sinne des Klimaschutzes nötig.
  • EU-Beihilfenrecht anpassen: Da geht es vor allem darum, dass angesichts der dramatischen Situation der Unternehmen Ausgleichsmaßnahmen im notwendigen Umfang sowohl beim Energiekostenzuschuss als auch bei der Strompreiskompensation (für alle betroffenen Sektoren) ermöglicht werden.