Im Vorjahr wurde es richtig eng. Der für den Katastrophenschutz zuständige Landesrat Daniel Fellner brachte es auf den Punkt: „Wir hatten permanent Energiemangellage. Nur der milde Winter hat uns gerettet“. Diesen Begriff „Energiemangellage“ müssen wir erst wieder lernen. Über Jahrzehnte waren wir es gewöhnt, dass die Energie in gut speicherbaren fossilen Brennstoffen jederzeit verfügbar war, um auf Knopfdruck den Bedarf zu decken, erklärten die Experten. Mit der Energiewende und der sukzessiven Substituierung fossiler Energie durch u.a. wetterabhängige Wasser- und Windkraft sowie Photovoltaik, ist die Energieproduktion erstens nicht mehr so gut planbar und zweitens stehen bei weitem nicht mehr so hohe gesicherte Kapazitäten zur Verfügung.
Abwanderung der Industrie?
Michael Junghans, CEO der Wietersdorfer Holding und Vertreter der Industriellenvereinigung Kärnten in dieser Diskussion auf Einladung der Kleinen Zeitung, lieferte das Mengengerüst für Kärntens Energiebedarf? und Stromproduktion. Selbst das Rekord-Wasserkraftland Kärnten produziert nur 60 Petajoule (2021 laut Klimaministerium) seines Verbrauchs von insgesamt 80 Petajoule selbst. Dazu müsste es eigentlich noch 37 Petajoule an fossilen Energieträgern substituieren. Wie das bei einer vom Österreichischen Netzinfrastrukturplan (ÖNIP) prognostizierten Verdoppelung des Stromverbrauchs bis 2040 gelingen soll, macht die Experten ratlos. Immer wieder stand deshalb das Gespenst der Abwanderung der Industrie im Raum.
Junghans stellte die Relation zu den US-Energiepreisen her: Dort zahle man für Strom und Gas nur ein Zehntel der Preise in Europa. Die Industrie brauche aber wettbewerbsfähige Energiepreise, um konkurrenzfähig produzieren können. Kelag-Vorstand Reinhard Draxler appellierte, sich in Sachen Stromversorgung nicht auf andere zu verlassen. Um die jahreszeitlichen Schwankungen auszugleichen, gelte es Kärntens Potenziale vor allem in der Windkraft auszubauen, natürlich in Kooperation mit der Bevölkerung, wie Draxler ausdrücklich betonte.
Bekämpfung der Mangellage
Die akute Bekämpfung der Mangellage vor allem in Stufe zwei, in der energieintensive Betriebe besonders der Industrie zu massiven Reduktionen ihres Stromverbrauchs gezwungen werden sollen, um das Netz wieder zu stabilisieren, verortete Landesrat Fellner in der Bundeskompetenz. Im Land könne man sich nur mit Übungen auf die möglichst geordnete Abwicklung vorbereiten. Kärnten war das erste Bundesland, das im vorigen Herbst eine solche Übung durchführte.
Junghans und Draxler betonten die gute Gesprächsbasis zwischen Netzbetreiber und Industrie. Auch die Betriebe bereiten sich intensiv auf mögliche Stromrationierungen vor und üben das geregelte Herunterfahren, verriet Junghans. Er sprach flexible Produktionsszenarien der Zukunft an, die sich an Verfügbarkeit und Kosten der Energie orientieren – eine Art Leben mit der Unsicherheit. Draxler wiederum erklärte, dass nicht alle Betriebe ohne weiteres abschalten können. Er nannte die Stahl- und Glasproduktion als Beispiele. Um hier einen Ausgleich zu schaffen, seien daher jene Betriebe, die ihren Stromverbrauch freiwillig stärker reduzieren können, dafür zu entschädigen.
Blackout-Experte Herbert Saurugg hatte vor der von Claudia Mann moderierten Diskussion einiges zur Auf- und Begriffserklärung in Sachen Blackout und Strommangellage beigetragen. Sein Appell ging vor allem an die Haushalte, entsprechende Vorräte von lebensnotwendigen Waren wie Lebensmittel, Wasser und Medikamenten für rund zwei Wochen einzulagern. Selbst wenn ein echtes Blackout nur Stunden oder wenige Tage dauere, brauche es lange, bis nach Schadensbehebung wieder alles normal laufe. Das betreffe die Kommunikation (Mobilfunk) genauso wie die Nahrungsmittelversorgung