Mehr Flächen für Golfplätze als für PV

Laut Bundesverband Photovoltaik Austria hatte Kärnten im Jahr 2021 erst 15 Prozent der bis 2030 zur Erreichung der Klimaziele nötigen Leistung installiert. Weit unter dem österreichischen Schnitt! Es fehlt nach wie vor an wichtigen rechtlichen Rahmenbedingungen. 

Geduldig lauschte die zahlreich erschienene Unternehmerschar Anfang November in der IV Kärnten den Ausführungen von Vertreter:innen der Landesverwaltung, die über die Genehmigung von Photovoltaik-Anlagen informierten. Allein es verfestigte sich im Laufe des Vormittags der Eindruck, dass gerade Kärnten mit seiner rigiden Widmungspolitik beim Ausbau von Erneuerbaren bremst. Ingram Eusch vom Bundesverband Photovoltaik Austria brachte es wenig später provokativ auf den Punkt, als er meinte: „In Kärnten gibt es mehr Golfflächen als Photovoltaik auf der Freifläche.“ Dabei sei inzwischen klar bewiesen, dass sich landwirtschaftliche Nutzung in Form von Birnenplantagen, Puten- oder Hühnerfarmen durchaus mit PV-Anlagen vereinbaren lasse. Allein der rechtliche Rahmen fehle nach wie vor.

Davor hatte sich sehr rasch herausgestellt, dass wenn entsprechende Widmungen und Netzkapazitäten vorhanden sind, Genehmigungen für große gewerbliche PV-Anlagen relativ rasch erteilt werden. Sandra Titze von der Abteilung 8 für Energierecht hatte die wesentlichen Einschränkungen rasch aufgezählt: die Blendung von Nachbarn oder für den Flugverkehr, dazu die elektrotechnische Gefährdung etwa von Kabeln, die ev. vorher abgeklärt werden müssen. Je vollständiger die Unterlagen, desto schneller gehe es mit den Genehmigungen.

Taskforce unterstützt Projektwerber
Titze verwies auch darauf, dass das Land auf Wunsch der IV Kärnten gerade dabei sei, eine eigene Taskforce einzurichten, die drei Personen umfassen werde: eine für die rechtliche und eine für die fachliche Zuständigkeit, schließlich eine für die Koordination in der Landesverwaltung. Die Mailadresse gibt es schon: taskforce-erneuerbare@ktn.gv.at. Dazu lege man eine Checkliste auf, die dem Projektwerber helfe, die Schritte zu planen und Unterlagen vorzubereiten.

Die Diskussion zeigte relativ rasch die vielen Fallstricke, die Verfahren dann doch komplex machen. Was ist, wenn die entsprechenden Widmungen nicht vorliegen: Nur mit der Widmung „Grünland-PV“ kann ein Projekt für PV auf Freiflächen problemlos starten. Gerade einmal 10 Hektar in Kärnten haben so eine Widmung. Richtig komplex und langwierig werden die Verfahren, wenn man zunächst gar nicht weiß, ob nach der Bau- oder Gewerbeordnung, schließlich vielleicht sogar nach dem AWG (Abfallwirtschaftsgesetz) verhandelt wird. Was ist mit Parkplätzen oder Deponien, die mit PV-Anlage überdacht werden sollen?

PV-Anlage als Sondermüll?
Sigrid Dotter von der Abteilung für Anlagenrecht sah sich mit der Frage konfrontiert: Was passiert, wenn eine nur anzeigepflichtige gewerbliche Anlage keinen entsprechenden Genehmigungsbescheid erhalte und sich später doch ein Anrainer beschwere und Recht bekomme? Die zu entfernenden PV-Module würden zur Fehlinvestition und zum Sondermüll. Eine klare Antwort fiel ihr schwer. Das Risiko, zwar schnell zu bauen, aber später die Genehmigung zu verlieren, schien den anwesenden Unternehmer:innen zu groß.

Keine Lösung gibt es weiter auch für jene Unternehmen, die große PV-Anlagen in eigene Gesellschaften auslagern. Diese sind offenbar nur in „betriebsorganisatorischer Einheit“ genehmigungsfähig. Alexander Bouvier, Vertreter der IV-Kärnten in der Wirtschaftsombudsstelle, beklagt die viel zu rudimentäre Verordnung für den Ausbau der Erneuerbaren. Andere Bundesländer hätten hier längst viel klarere Regelungen.

In den Ausführungen von Egon Jusner von der Abteilung für Rechtliche Raumordnung wurde dann deutlich, dass auch ideologische Themen den Ausbau der Erneuerbaren überlagern: Vorrang für Grünraum und Freiraum oder Erhaltung landwirtschaftlicher Flächen lauten die Vorgaben. PV-Anlagen sollen in „beeinflussten Gebieten“, also in der Nähe von anderer Infrastruktur errichtet werden. Aber überraschenderweise stellte sich dann heraus: Wer seinen wertvollen Gewerbe-Baugrund nutzt, hat gute Chancen für eine Genehmigung, wer eine renaturierte ehemalige Deponie oder gar angrenzendes Grünland überbauen möchte, hat mit einem zähen Widmungsverfahren zu rechnen. Sogar die PV-Überdachung von Parkplätzen ist noch immer nicht einfach möglich.

PV-Nachzügler Kärnten
Zwar wurden in den am 18. November angekündigten Novellen des Kärntner Elektrizitätsgesetzes und des Kärntner Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes marginale Veränderungen vorgenommen, die die Erneuerung von Leitungsnetzen und technische Adaption von Windkraftanlagen erleichtert, das wichtigste Handlungsfeld der Widmungen blieb aber weiter unangetastet. Ingram Eusch kritisierte jedenfalls, dass Kärnten inzwischen zu den Nachzüglern beim PV-Ausbau gehört. Von den in den Klimazielen für das Bundesland vorgegebenen 1.200 Megawatt/Peak erreicht Kärnten gerade einmal 15 Prozent, liegt damit gleichauf mit Salzburg nur knapp vor Tirol. Spitzenreiter Oberösterreich erreicht schon 29 Prozent! Kernthema seien hier die Anlagen auf Freiflächen. Mit PV auf Dächern sei gerade einmal ein Drittel bis die Hälfte der Ziele zu erfüllen. PV fresse keine Flächen, so Eusch. Man rede hier im Endausbau von 0,1 Prozent der österreichischen Landesfläche.

 

 Strom-Abschaltszenarien immer realistischer

Für Österreich gebe es zwar noch keine Studien, aber die deutschen Übertragungsnetzbetreiber halten die Versorgungssituation beim elektrischen Strom im Winter für äußerst angespannt. Das gelte dann wohl auch für das importabhängige Österreich, meinte Robert Schmaranz von der Kärnten-Netz bei einem Webinar der IV Kärnten für ihre Mitglieder. Er skizzierte erwartete Einsparungen in den vom Bund vorgegebenen drei Stufen: Allgemeine Sparaufrufe brächten etwa fünf Prozent, Einschränkungen bei Großverbrauchern zwischen 10 und 30 Prozent, schließlich Flächenabschaltungen ca. 50 Prozent. Kärnten würde dabei, so die zuständige Landesrätin Sara Schaar und ihr Abteilungsleiter Günther Weichlinger, in zwei verbrauchsmäßig ungefähr gleich große Zonen eingeteilt werden. Diese würden in der so genannten Mangellage zur Stabilisierung der Netze alternierend jeweils vier Stunden abgeschaltet werden. Die Vorwarnzeit sei kurz. Man bemühe sich, sie auf wenigstens zwei Tage zu erhöhen. In der geplanten Verordnung sind aber nur wenige Stunden festgeschrieben. Alle hoffen, dass der Fall nie eintritt.