Ungeschicktes Management der Energiewende bedroht Industriestandort Europa.

Bauchfleck

Es passt zum nahenden Ende der Badesaison, dass der europäische Energiemarkt einen veritablen Bauchfleck hingelegt hat. Da war man offenbar irgendwann der Meinung, man könne ungestraft die Preisbildung beim elektrischen Strom so manipulieren, dass die Erneuerbaren Energien doch noch rentabel werden. Das Ganze erinnert irgendwie an Goethes Gedicht vom Zauberlehrling, der die Geister, die er rief, nun nicht mehr loswird. Die Geister sind in dem Fall die fossilen Energieträger. Genauer gesagt, das Gas, das sich mit seiner Rolle als Lückenbüßer für die Zeiten, in denen die Erneuerbaren nicht liefern können, nicht mehr abfinden will. Plötzlich schießen da die Preise durch die Decke und ziehen aufgrund des ungeschickt aufgezogenen Europäischen Strommarkts, in dem das jeweils teuerste Kraftwerk den Preis bestimmt, auch gleich die Strompreise mit nach oben. Wie konnten die Erfinder des Merit-Order-Prinzips davon ausgehen, die Gaspreise würden sich – noch dazu bei einer derart massiven Abhängigkeit vom in jeder Hinsicht unberechenbaren Russland – an die naiven Vorgaben halten und konstant bleiben?

Aber schieben wir die Schuld nicht nur auf die europäische Politik! Auch auf regionaler Ebene läuft energiepolitisch so ziemlich alles schief. Der Ausbau der Erneuerbaren wird behindert, wo es nur geht: Sichtschutzverordnungen gegen die Windkraft oder fehlende Leitungsinfrastruktur und Umspannwerke, die eigentlich den Ausbau der Photovoltaik begleiten sollten. Die Politik wird auch genehmigungstechnisch die gewünschte Energiewende zu Ende denken müssen. Ansonsten werden uns die Provisorien, die Gas durch Kohle oder Öl ersetzen, wohl noch länger erhalten bleiben. Die aktuellen Energiepreise wird Europas Industrie jedenfalls nicht lange aushalten, zumal die Konkurrenz in USA und Asien nicht schläft. Es droht uns eine rasche Entindustrialisierung mit entsprechenden Wohlstandsverlusten.