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„Wir befinden uns in der stärksten normalzyklischen Rezession seit 1951“

Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung Österreich, sprach im Rahmen seines Vortrages über dringend notwendige Strukturreformen, Impulse für einen Aufschwung und Eigentum, das nicht mehr leistbar ist. 

Wie kann man eine Rezession vermeiden, wie einen Aufschwung produzieren? Und wie müsste eine Wirtschaftspolitik aussehen, damit 2024 tatsächlich ein Regimewechsel stattfinden kann? Diese Fragen stellte der Chefökonom der Industriellenvereinigung Österreich, Christian Helmenstein, im Rahmen seines Vortrages anlässlich der Mitgliederversammlung der Kärntner Industriellenvereinigung in der BKS Bank Zentrale in Klagenfurt. Die Antworten, die der Ökonom lieferte, ließen aufhorchen. Mehr als 100 Unternehmerinnen und Unternehmer waren der Einladung von Timo Springer, Präsident der Industriellenvereinigung Kärnten, und Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Kärnten, sowie von BKS Bank-Hausherrin Herta Stockbauer gefolgt.

 Helmenstein sprach von der stärksten normalzyklischen Rezession seit 1951. Daher sei die Politik in Österreich aufgefordert, viel schneller und schärfer zu Strukturreformen zu kommen. „Wir brauchen einen wirtschaftspolitischen Regimewechsel. Zunächst darf es nicht in einem Tempo mit neuen Vorschriften weitergehen, bei dem die Unternehmerinnen und Unternehmer gar nicht mehr dazu kommen, sich angemessen ihrem Kerngeschäft zu widmen, weil überschießende regulatorische Vorgaben zu implementieren sind.“

 Die Impulsquellen für den Aufschwung

 „Wenn wir zukünftige Rezessionen vermeiden oder zumindest abmildern wollen, müssen wir jetzt die strukturellen Wachstumsvoraussetzungen stärken“, ist Helmenstein überzeugt. Was ihn zu der Frage zurückführte, wie ein Aufschwung gelingen kann. Die bedeutendste Impulsquelle sei der Export, denn er berge das Potenzial für einen lange anhaltenden Aufschwung, gefolgt von Investitionen, Konsum und Staatsnachfrage. „Wir werden 2024 ab dem zweiten Quartal zumindest einen technischen Impuls aus dem Beginn eines neuen Zyklus‘ von Lagerinvestitionen sehen.“

 Ungelöste fiskalische Probleme sieht der Ökonom in Sachen Staatsverschuldung. Im Bereich der Pensionen drohe eine Finanzierungslücke immenser Dimension, nämlich kumuliert von über einer Billion Euro bis zum Jahr 2050, wenn man nicht reformiere. Aber auch bei den Einkommen müsse dringend angesetzt werden. Es gebe immer weniger einkommensstarke Personen, die einen immer höheren Anteil an der Einkommensteuerlast tragen. Hier gelte es die Progression abzumildern. Gleichzeitig steige die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten immer weiter. „In diesen Monaten überschreiten wir zum ersten Mal die Schwelle, jenseits derer in Österreich mehr Frauen teilzeit- als vollbeschäftigt sind“, sagt Helmenstein.

 Eigentum für viele nicht mehr leistbar

Und wie lange muss man heute arbeiten, um sich als durchschnittlicher Einkommensbezieher eine mittlere Eigentumswohnung leisten zu können? „Bei zwei Median-Einkommen im selben Haushalt muss eines der beiden Nettoeinkommen zur Gänze 17,6 Jahre lang gespart werden. Mit dem zweiten Einkommen sind dann die gesamten Ausgaben beider Haushaltsmitglieder zu bestreiten. Junge Menschen benötigen aufgrund des zunächst noch niedrigeren Einkommens sogar eine Sparleistung von 23,5 Jahren“, analysiert Helmenstein. Da werde greifbar, warum junge Menschen heute vielfach den Eindruck hätten, sich kein eigenes Immobilieneigentum mehr aufbauen zu können.

 Die Inflation werde in den nächsten Jahren nicht von den Industriegütern, sondern von den Dienstleistungen getrieben werden. Dennoch sieht er im weiteren Verlauf des Jahres 2024 ein Potenzial für erste Leitzinssenkungen, sofern keine neuen Preisschocks auftreten.

Foliensatz Christian Helmenstein hier 

Video zur Veranstaltung hier