Zwar verstehe sich die Industrie im Bereich der nachhaltigen Entwicklung und beim Schutz von Menschenrechten als wichtiger Verbündeter, betonte der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, am heutigen Dienstag im Hinblick auf das geplante EU-Lieferkettengesetz. Inhaltlich gebe es bei diesem „aber für die betroffenen Unternehmen – vor allem für kleine und mittlere Betriebe – noch Probleme bei der konkreten Umsetzung“.
Zudem dürfe die Regelung nicht die alleinige Verantwortung den Unternehmen aufbürden, dass wichtige und notwendige Standards in anderen Ländern eingehalten werden. „Es ist primär die Aufgabe der Politik und ihrer Institutionen, dafür Sorge zu tragen. Die Politik darf sich hier nicht aus der Verantwortung stehlen“, so Knill.
Betriebe könnten Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden nur in ihrem unmittelbaren Einflussbereich und innerhalb ihres Handlungsspielraums effektiv vermeiden. Dieser sei jedoch durch die Komplexität weltweiter dynamischer Lieferkettenbeziehungen eingeschränkt. „Hier braucht es angemessene und praktikable Zugänge, die der Realität des internationalen Handels und der Lieferbeziehungen entsprechen. Pauschalregulierungen, die Groß- und Kleinunternehmen unterschiedlichster Sektoren gleichermaßen verpflichten oder Unternehmen unter Generalverdacht stellen, sind der falsche Weg“, so Knill.
Vielmehr müssten internationale Richtlinien, effektive Lösungen und Risikomanagementprozesse, die Unternehmen bereits seit vielen Jahren anwenden und laufend gemeinsam mit ihren Zulieferern verbessern, im Gesetzgebungsprozess berücksichtigt werden. Überschießende Anforderungen und ein Überwälzen der Verantwortung von einer Lieferstufe auf die nächste sei ein wenig effektives Mittel, um die Verletzung von Menschenrechten oder Umweltschäden wirkungsvoll zu verhindern.
Es gelte auch, unbeabsichtigte Folgewirkungen einer solchen Gesetzgebung im Auge zu behalten. Denn Zusammenarbeit sei wirksamer als Abschottung oder das Ende von Geschäftsbeziehungen. Gerade, wenn es darum gehe, andere Länder davon zu überzeugen, die Menschenrechte zu stärken. Um Verbesserungen im Arbeitsrecht oder Umweltschutz in anderen Erdteilen zu erzielen wäre es der klügere Weg, jene Staaten auf diesem Weg massiv zu unterstützen. Dies sei auch ein wichtiges Prinzip der europäischen Handelspolitik.
„Wir treten aus Überzeugung für faire und offene Handelsbeziehungen ein, denn diese sind auch ein Instrument zur Bewältigung sozialer und ökologischer Herausforderungen. Wir nehmen unsere Sorgfaltspflichten und Verantwortung entlang unserer Lieferkette als Industrie selbstverständlich und bereits lange wahr. Die weiteren Verhandlungen zu diesem Gesetzesvorschlag müssen mit Augenmaß und unter Berücksichtigung der Machbarkeit – vor allem für kleine und mittlere Unternehmen – geführt werden“, so der IV-Präsident abschließend.