Europapolitik

Industrie begrüßt Standortimpulse für ein wettbewerbsfähiges Europa

Standort ist unter Druck – Wettbewerbsfähigkeit wieder ganz oben auf Agenda setzen

Der Standort Europa gerät zunehmend unter Druck – hohe Preise für Energie und Arbeit, bürokratische Hürden und die wachsende Konkurrenz aus dem asiatischen Raum, die mit unfairen Praktiken den Wettbewerb zum Teil verzerren, lähmen das Wachstumspotenzial der heimischen und europäischen Industrie. „Angesichts der zahlreichen Herausforderungen braucht es ein Umdenken in der europäischen Standortpolitik und eine strategische Neuausrichtung, um Europas Wettbewerbsfähigkeit und Erfolg langfristig zu sichern“, so IV-Präsident Georg Knill anlässlich der heute seitens der Bundesregierung vorgestellten Standortimpulsen für die nächste EU-Legislaturperiode. „Europa hat sich in den letzten Jahren in zahlreichen Details und Überregulierungen verloren, dabei sind oft gute Ideen und edle Ziele durch bürokratische Auflagen im Keim erstickt worden“, betont Knill.

„Daher braucht es in der kommenden EU-Legislaturperiode wieder eine starke Standort- und Wettbewerbsagenda, die bei der Umsetzung der Vorhaben auf Ausgewogenheit zwischen Wirtschaftlichkeit, ökologischer Verträglichkeit und gesellschaftlicher Umsetzbarkeit achtet“, so Knill und meint weiter: „vor diesem Hintergrund sind die Standortimpulse ein wichtiges Signal hin zu mehr Wettbewerbsfähigkeit in Europa und so auch in Österreich. In dem vorliegenden Papier werden einige Punkte angesprochen, die für die heimische Industrie wesentlich sind.“

Strompreiskompensation umsetzen und ausdehnen

Dazu zählen unter anderem die Ausdehnung und Fortsetzung der Strompreiskompensation, die auch dringend auf nationaler Ebene umgesetzt werden müsste. Auch eine konsequente Anwendung des Standortentwicklungsgesetzes, insbesondere bei „überragendem öffentlichen Interesse“ sowie die Genehmigungsfiktion bei Verfahrensdauern, um Projekte, die maßgeblich zur Erreichung der Klimaziele beitragen, rasch umsetzen zu können, sind notwendige Schritte, um die grüne Transformation voranzutreiben.

Regulatorische Hürden abbauen

„Wir unterstützen die Forderung nach einer dringend notwendigen regulatorischen Atempause für europäische Betriebe und einem sogenannten „Bürokratie-Kassasturz“. Die bürokratischen Belastungen treffen gerade Unternehmen im industriellen Mittelstand, die oftmals Schwierigkeiten haben, alle Auflagen zu erfüllen. In einigen Bereichen ist dies defacto unmöglich“, so IV-Präsident Knill. Die bereits angekündigte Reduktion der Berichtspflichten um 25 Prozent sowie die Einführung von Sunset-Klauseln und der konsequenten Anwendung der One-in-two-out-Regel sind dringend notwendig zur Entlastung der Unternehmen.

Forschung, Technologie und Innovation als Zukunftsfaktoren

Darüber hinaus sind die hochgesteckten Ziele im FTI-Bereich, die Stärkung der nationalen Rahmenbedingungen und der Forschungsprämie zur Steigerung der Forschungsquote sowie der strategische Einsatz von weiteren IPCEI-Programmen und die Stärkung von Schlüsseltechnologien und -branchen von großer Bedeutung, um F&E und Produktion am Standort sicherzustellen. Ein deutliches Bekenntnis zur budgetären Aufstockung des 10. EU-Forschungsrahmenprogramms ab 2028 ist unerlässlich, um den Innovationszyklus von Grundlagen- zur angewandten Forschung bis hin zur Marktumsetzung, zu unterstützen und Technologiefreiheit zu fördern. 

Fachkräftestrategie und Mobilität

Eine umfassende Fachkräftestrategie zur qualifizierten Arbeitskräftezuwanderung, insbesondere durch den EU Talent Pool, verbesserte innereuropäische Mobilität und rasche EU-Berufsanerkennungen sind entscheidend im aktuellen Ringen um die besten Köpfe. Denn der Fachkräftemangel ist nicht nur eine Herausforderung, vor der österreichische Betriebe stehen – europäische Maßnahmen würden hier ergänzend zu nationalen Notwendigkeiten, wie der Senkung der Lohnnebenkosten, dem Ausbau der Kinderbetreuung oder auch der Reform der Arbeitslosenversicherung positive Abhilfe schaffen.

Vollendung des Binnenmarkts

Die Vollendung des Binnenmarkts bleibt ein zentrales Ziel, denn er ist das Herzstück der europäischen Wirtschaft. Es geht darum, Handelsbarrieren abzubauen, grenzüberschreitende Dienstleistungen zu vereinfachen und eine echte Kapitalmarktunion und Energieunion zu etablieren, um langfristig zu wettbewerbsfähigen Energiepreisen zu gelangen und so unternehmerische Freiheiten zu maximieren und das Wachstumspotenzial zu heben. Einige Schritte, wie eine Vereinfachung grenzüberschreitender Arbeiten durch einheitliche, digitale Formulare, ebenso wie die Schaffung einer EU-Technologiebörse für Deep-Tech Startups sowie die verstärkte Mobilisierung von privatem Kapital, wurden bereits im Bericht von Enrico Letta vorgeschlagen.

Handelsabkommen als strategische Assets

In einer Zeit globaler Unsicherheiten und wirtschaftlicher Herausforderungen ist zudem eine proaktive und selbstbewusste Außenwirtschaftspolitik notwendig. Ziel der österreichischen Agenda muss sein, eine aktive EU-Handelspolitik zu unterstützen, welche Märkte für die heimische Industrie öffnet, Standards des globalen Handels mitgestaltet und somit faire Wettbewerbsbedingungen schafft. Entlang der Erfahrungen der vergangenen Jahre – Pandemie, Krieg in der Ukraine, starke Zunahme protektionistischer Maßnahmen sowie Handelskonflikte – gilt es zudem, Handelspartner zu diversifizieren und einseitige Abhängigkeiten zu reduzieren. Dafür sind EU-Handelsabkommen wichtige Instrumente.