„Europa steht vor der größten Herausforderung seit Jahrzehnten. Jetzt müssen die Weichen rasch gestellt werden, nämlich für ein strategisch wirksames Wiederaufbau-Paket, das klar in Richtung Zukunft ausgerichtet ist und Europas Wettbewerbsfähigkeit stärkt. Das ist die Basis, um nachhaltiges Wachstum zu schaffen sowie Arbeitsplätze zu sichern bzw. wiederaufzubauen“, betont der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, am heutigen Freitag vor dem EU-Sondergipfel in Brüssel. Der Mehrjährige Finanzrahmen und das EU-Wiederaufbau-Instrument „NextGenerationEU“ müssten einen eindeutigen Schwerpunkt auf eine Investitionsoffensive sowie auf Forschung, Entwicklung und Innovation, Technologie und Digitalisierung setzen. Das bedeute etwa eine Stärkung der investitionsrelevanten Programme für den Unternehmenssektor sowie deutlich mehr Mittel für das EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizon Europe“. Die von Ratspräsident Michel vorgeschlagene Kürzung dieses Programms im Mehrjährigen Finanzrahmen auf 76 Mrd. Euro sei „völlig unzureichend“. Ebenso sollte eine Flexibilisierungsklausel im Wiederaufbau-Instrument NextGenerationEU angedacht werden, welche die Umleitung nicht abgerufener Mittel in Richtung F&E und Innovation ermögliche.
Keine Schuldenunion durch die Hintertür
Zudem plädiert die Industrie beim Wiederaufbau-Instrument für Konditionalität und Zweckwidmung. Bei der Ausgestaltung der EU-Unterstützungsmaßnahmen sei eine kluge Balance notwendig, die einerseits die wirtschaftliche Erholung aller EU-Staaten ermöglicht und andererseits das Ziel forciert, Europa als starken und wettbewerbsfähigen Arbeits- und Wirtschaftsstandort aufzustellen und zu positionieren. „Länder mit einer nachhaltigen Fiskalpolitik können nicht für die oft jahrzehntelang verfehlte Wirtschafts- und Budgetpolitik anderer Mitgliedstaaten geradestehen. Eine Schuldenunion durch die Hintertür wäre ein Schritt in die falsche Richtung“, so Knill. Stattdessen sollte der angedachte Fonds mit strukturellen Reformen und der Stärkung der Krisenresistenz des Arbeits- und Wirtschaftsstandorts Europa verbunden werden.
Globale Herausforderungen gemeinsam bewältigen
Zudem erinnert der IV-Präsident daran, dass sich Wiederaufbau und Klimaschutz sinnvoll ergänzen müssten und Industriepolitik dabei eine entscheidende Rolle spiele. Auch dürfe es zu keinen neuen Belastungen für Unternehmen kommen, wodurch die wirtschaftliche Erholung Europas erschwert und verlangsamt würde. Der Europäische Green Deal und die digitale Transformation seien Grundbausteine für einen erfolgreichen Wiederaufbau. „Wir müssen Wachstum, Arbeitsplätze sowie Klimaschutz und Nachhaltigkeit miteinander kombinieren: Richtig gemacht, kann und muss Europa durch Technologieführerschaft die duale Transition meistern. Beim Klimaschutz müssen andere Regionen der europäischen Vorreiterrolle auch folgen“, so Knill, der abschließend betont: „Die EU-Länder sollten aus dieser Krise lernen, dass wir die großen Herausforderungen nur als gemeinsames Europa lösen und so im globalen Wettbewerb erfolgreich sein können. In den nächsten Monaten muss es darum gehen, den einheitlichen Auftritt der EU-Länder zu stärken, um gemeinsam die besten Ergebnisse für Europa zu erzielen.“