Beim heutigen Rat der Wirtschaftsministerinnen und -minister in Brüssel werden die Weichen für die Stärkung der Halbleiterindustrie in Europa gestellt. Die von der Europäischen Kommission im Februar 2022 vorgestellte Gesetzgebung soll die europäischen Halbleiterkapazitäten verdoppeln und die Kommission ermächtigen, Notfallmaßnahmen bei Krisen in der Lieferkette zu ergreifen. Von den Ministerinnen und Ministern der EU-Mitgliedsstaaten wird nun die Verhandlungsbasis geschaffen, mit der in Gespräche mit dem Europäischen Parlament eingetreten wird.
„Ein solches Gesetz ist für die strategisch wichtige Halbleiterindustrie in Europa von höchster Bedeutung, es braucht dringend einen Rahmen für die Förderung wichtiger Projekte, um entlang der gesamten Wertschöpfungskette resilienter zu werden und fairere Rahmenbedingungen im globalen Wettbewerb zu schaffen“, so Sabine Herlitschka, Vize-Präsidentin der Industriellenvereinigung (IV).
Positive Änderungen der Mitgliedstaaten gegenüber dem ursprünglichen Text der Europäischen Kommission sind vor allem eine Ausweitung des Anwendungsbereichs, sodass nun theoretisch mehr Unternehmen im gesamten Halbleiter-Ökosystem von Förderungen für Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau sowie für Forschung und Entwicklung profitieren können. Von dieser strategischen Förderung sowie der Erhöhung der Halbleiterkapazitäten profitieren unmittelbar viele nachgelagerte Industriebranchen in Europa, wie beispielsweise die Automobil- oder Maschinenbauhersteller.
Ein Streitpunkt war jedoch bis zuletzt das Budget. Von Anfang an, war der Vorschlag der Europäischen Kommission kaum vergleichbar mit den massiven Investitionen, die Wirtschaftsmächte wie China und die Vereinigten Staaten in diesem Sektor tätigen. Nun sollen, nach Meinung der Mitgliedstaaten, noch weniger Mittel als ursprünglich vorgesehen werden – dies sei jedenfalls nicht der richtige Weg, um die ambitionierten Ziele zu erreichen, betonte die IV-Vizepräsidentin. Dies gelte im Übrigen auch für nationale Initiativen und Ko-Finanzierungen zur Unterstützung des Halbleiterbereichs, die gezielt auf den EU Chips Act ausgerichtet und entsprechend angemessen ausgestattet werden müssen.
„In den Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament wird es jetzt darum gehen müssen, Lösungen für die unzureichende Finanzierung zu finden. Zudem muss unbedingt darauf geachtet werden, dass im Rahmen des EU-Chips Act europäische Stärken ausgebaut und damit Chancen für Europas Halbleiterindustrie im globalen Wettbewerb genutzt werde. Dies gilt besonders auch dahingehend, Investitionen nicht nur in großen EU-Mitgliedstaaten erfolgen, sondern dass gut aufgestellte Unternehmen mit herausragenden Kompetenzen in kleineren Mitgliedstaaten keine Wettbewerbsnachteile erleiden“, so Herlitschka abschließend.