IV-Steiermark-Präsident und Vorsitzender der Innoregio styria Stefan Stolitzka erinnerte in seiner Begrüßung daran, welch wesentliche Rolle die industrielle Revolution am Weg zu immer stärker geplanter Innovation gespielt habe. Gleichzeitig freute er sich über das hervorragende Forschungsumfeld im Süden Österreichs, das den perfekten Nährboden für die Zusammenarbeit von Industrie und Startups bilde.
IV-Kärnten-Präsident Timo Springer wiederum verwies darauf, dass jedes Unternehmen irgendwann als Startup begonnen habe. Wenigen sei es hingegen vergönnt, zu so genannten Unicorns zu wachsen, also zu Startups mit einer Marktbewertung von über einer Mrd. US-Dollar vor dem Exit oder Börsegang. In Österreich hätten das bisher gerade einmal zwei geschafft. Die IV Kärnten pflege den Austausch zwischen Startups und Industrie jedenfalls gemeinsam mit dem Build!-Gründerzentrum in einem Veranstaltungsformat namens „Building Bridges“.
Startup-Hilfsfonds verdoppelt
Die steirische Landesrätin für Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, Barbara Eibinger-Miedl sieht den Süden Österreichs nicht nur durch die Koralmbahn zusammenwachsen. Erfolgreiche Kooperationen zwischen Steiermark und Kärnten gebe es beim Silicon Alps Cluster, bei den Silicon Austria Labs, beim Forschungszentrum Joanneum Research oder beim Green Tech Cluster. Kooperation sei etwas typisch Steirisches und habe die Steiermark zum Forschungsland Nummer eins in Österreich gemacht. Drei Viertel der Forschungsausgaben des Landes kämen dabei aus der Industrie. Die Steiermark könne nach Wien auf die zweitmeisten Startups verweisen. In der Corona-Krise habe man den Hilfsfonds des Bundes für Startups aus Mitteln der steirischen Wirtschaftsförderung verdoppelt, eine Maßnahme für die sie kämpfen musste.
Steuerliche Anreize schaffen!
In diese Kerbe schlug dann auch Keynote-Speaker Michael Altrichter. Österreichs bekannter Business-Angel und Star der Puls-4-Sendung „2 Minuten, 2 Millionen“, die bereits in der achten Staffel läuft. Zeitweise hatte Altrichter 40 Startups und mehr in seinem Portfolio. Er kritisierte, dass es hierzulande zu wenig Risikokapital gebe und dass es daher dringend nötig wäre, steuerliche Anreize zu schaffen. „Österreich ist eine Nation der Bausparer und Lottospieler“, brachte er es auf den Punkt. Als Österreichs Startup-Beauftragter hatte er es bei der Politik nicht leicht mit diesem Thema. Altrichter wünscht allerdings auch in den Schulen mehr unternehmerisches Denken. Der Business-Angel ist sich des Risikos in der Kooperation mit Startups bewusst: Ein Drittel verschwinde, ein Drittel werde zu schwer beweglichen „Zombies“, ein Drittel mache Freude. Wenn man eine Kooperation starte, dann solle man von Anfang an klarstellen, was man vom Startup wolle. Umgekehrt müsse man das Startup aber auch dazu bringen, ebenso klar zu sagen, was es vom Investor/etablierten Unternehmen erwarte.
Startups nicht einbremsen!
Das internationale Elektronikunternehmen Flex mit einem Umsatz von 24 Mrd. US Dollar hatte schon Altrichter in seinem Statement erwähnt. Flex-Althofen/Kärnten hat für ein Startup den handlichsten kleinen Tauchscooter und alternativ dazu Antrieb für Standup-Boards industriell umgesetzt. Standort-Geschäftsführer Martin Reiner sieht genau darin die Stärke der etablierten Industrie: die Innovation und Dynamik eines Startups in Struktur und Qualitätsstandards der Entwicklung und Fertigung umzusetzen. Er spricht über die Gratwanderung, das Startup nicht herunterzubremsen, es gleichzeitig aber zu beraten und zu unterstützen. Thomas Wiedner, Leiter des Innovationsmanagements der Energie Steiermark, ist auch Geschäftsführer von deren Inkubator Next GmbH. Über 300 Startup-Ideen hat er inzwischen dort gescannt, sich auf viele eingelassen und noch mehr gelernt. Man könne Startups nicht einfach so auf alle Bereiche des Konzerns loslassen. Es brauche klar definierte Schnittstellen und es sei immer ein Jonglieren mit den „Bedarfsträgern“ in den einzelnen Abteilungen. Er beschreibt die Zusammenarbeit mit den Startups als ein „Ziehen und Schieben“. Und ganz offen: Es sei harte Arbeit, den Konzern disruptiv zu verändern.
Kommunikation wirkt Wunder
Die beiden Startups des Abends präsentierten sich in unterschiedlichsten Entwicklungsphasen. Die von Matthias Ruhri vorgestellte steirische Firma „Probando“ kooperiert schon eng mit Pharmafirmen und vermittelt ihnen professionell Probanden für medizinische Studien. Im Gespräch mit den Kunden ergeben sich oft ganz neue Aspekte des Geschäftsmodells: in diesem Fall etwa, dass es ein verlässliches elektronisches Instrument zur Bezahlung der Probanden brauche. Die Kärntner „PiktID“ sucht noch nach weiteren Pilotkunden. Co-Founderin Jennifer Simonjan stellte ihr Tool zur Variation von Bildern, genauer Gesichtern vor, die sich so ohne Spezialkenntnisse leicht nach Emotion, Alter, Ethnie etc. verändern lassen und damit ganz neue Möglichkeiten im Marketing eröffnen.
„Not invented here“-Syndrom
Am Ende des von Stefan Posch (Integrated Consulting Group) moderierten Abends zogen die beiden Vorsitzenden der Innovationsplattformen der IV Kärnten und der IV Steiermark, Roland Waldner und Stefan Rohringer Bilanz. Waldner sieht als größtes Hindernis für Innovation, aber auch für die Kooperation mit Startups das „Not invented here“-Syndrom, also die Widerstände in etablierten Unternehmen gegen Neues und von außen Kommendes. Daher seine Aufforderung: „Schauen Sie auf Ihre Innovationskultur!“ Rohringer sekundierte und appellierte, sich auf Neues einzulassen, aufeinander zuzugehen. Für ihn ist die Sprache wichtig: „Wie reden wir miteinander?“ Und er verwies auf das Motto der Innoregio Süd zwischen Kärnten und Steiermark: „Innovation durch Kooperation“. Auch Rohringer unterstrich abschließend noch einmal, dass die Politik dringend mehr steuerliche Anreize für Risikokapital bei Innovation und Startups bieten müsse.