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Auch in der KI gibt es Nischen

Fazit des Neujahrsauftakts der IV Kärnten: Der Zug für wirtschaftlichen Erfolg mit Künstlicher Intelligenz (KI) ist noch lange nicht abgefahren. Man muss nur auf die richtigen Nischen setzen.

Für IV-Kärnten-Präsident Timo Springer ging es letztlich um die Frage: „Ist Kärnten smart genug, um aus der Künstlichen Intelligenz (KI) Vorteile für den Standort zu generieren?“ Denn die Voraussetzungen sind eigentlich viel besser, als man vermuten möchte, stellte Clemens Wasner, Gründer von AI Austria, einem unabhängigen Thinktank für Künstliche Intelligenz in Österreich, klar. Er präsentierte die Ergebnisse einer Accenture-Studie, die dem Land wegen des ausgewogenen Verhältnisses zwischen Industrie und Dienstleistungen große Chancen einräumt, durch auf Künstlicher Intelligenz basierende Automatisierung erfolgreich zu sein. Nachsatz: das sei angesichts der negativen demografischen Entwicklung aber auch dringend nötig.

Wasner appellierte an die beim Neujahrsauftakt der IV Kärnten an der Uni Klagenfurt versammelte Prominenz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, wegen des großen Vorsprungs von USA und China bei ausgewählten Anwendungen der Künstlichen Intelligenz nicht in Fatalismus zu verfallen. Bei der so genannten Internet-Intelligence und bestimmten Spielarten der Bilderkennung oder Empfehlungssystemen sei gegenüber den Branchenriesen wie Google oder Amazon bzw. Alibaba tatsächlich nicht mehr viel zu holen. Dafür bestehen in der „Business KI“ hervorragende Chancen. Wasner nannte hier das Beispiel der vorausschauenden Wartung von Maschinen.

Kärnten braucht Ökosystem

Für Konzerne wie Google seien diese Nischenthemen zu kleine Fische, betonte er. Da könne die heimischen Wirtschaft ihre typischen Stärken ausspielen. Es gehe um überraschende Verbindungen von Künstlicher Intelligenz und dem Internet der Dinge. Einzelne Regionen preschen bereits vor: Wien wolle mit Künstlicher Intelligenz zur lebenswertesten Stadt werden. Aber auch Kärnten müsse sich nicht verstecken, sagt der gebürtige Lavanttaler Wasner. Es brauche allerdings einen Schulterschluss zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, um das nötige Ökosystem dafür zu entwickeln.

Dafür erhielt er nach den an seinen Vortrag anschließenden Diskussionsrunden einige Zustimmung. Im ersten Panel bekam man den höchst unterschiedlichen Umgang von Kärntner Unternehmen mit dem Thema präsentiert:

  • Christopher Müller von bitmovin liefert Branchengrößen wie Netflix etwa ausgefeilte Technologien zur Komprimierung von Videoinhalten, damit diese beim Streamen Bandbreite sparen. Größtes Problem ist das Finden von geeigneten Fachkräften aufgrund des rasanten Wachstums.
  • Manuel Seiss von der Springer Maschinenfabrik sieht es in erster Linie als unternehmenskulturelles Thema, für Digitalisierung allgemein und Künstliche Intelligenz im Besonderen die breite und offene Plattform zu schaffen, die vorhandene Potenziale frei setzt. Auch er spricht den Fachkräftemangel an, betont gleichzeitig aber die Bedeutung von strategischen Partnern.
  • Für Stefan Rohringer von Infineon ist Künstliche Intelligenz ein doppeltes Thema: Einerseits nutze man sie in der Entwicklung, um kostspielige und langwierige Tests zu reduzieren, andererseits arbeite man bei der Entwicklung neuer Produkte mit Partnern zusammen. Als Beispiel nannte er die Entwicklung von Lampen für Fahrzeuge, die ihre Umgebung erkennen und die Helligkeit danach anpassen. Er wünscht sich mehr Kooperationen schon mit den Schulen, um Direktoren, Lehrern und Eltern die Chancen, die in dieser Technologie liegen, klar zu machen. An der Uni sei es schon fast zu spät.
  • Christoph Knes schließlich arbeitet aktuell in einer KI-Forschungsgruppe an der Uni Klagenfurt. Er beschäftigt sich mit dem Thema Sprachverarbeitung – allerdings nicht auf Basis des gängigen sogenannten „Deep Learning“, das mit riesigen Datenmengen, immer weiter verbesserten Algorithmen und enormer Rechenleistung arbeitet. Dazu möchte er mit Partnern ein Startup-Unternehmen gründen. Er lobt die gute Kooperation mit der Uni Klagenfurt, die – wie Rektor Oliver Vitouch in seiner Begrüßung schon dargelegt hatte – allein im Bereich Informatik vier Professuren zur Verfügung stelle, die sich mit KI beschäftigen. Ebenso positiv sieht er die Zusammenarbeit mit dem Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds.

Standortmarketing gegen Fachkräftemangel

Im zweiten Panel nahm Landeshauptmann Peter Kaiser den Ball der Accenture-Studie auf, der sich auf die schwierige demografische Situation und den Fachkräftemangel bezog. Kärnten müsse noch familien- und kinderfreundlicher werden. Dann setzt er – ähnlich wie sein Regierungskollege und Wirtschaftslandesrat Ulrich Zafoschnig – auf ein neues Standortmarketing, das die Stärken Kärntens besser in den Fokus rücke. Über die Bildung möchte er möglichst viele Menschen an der Entwicklung der Digitalisierung beteiligen. Technologiereferentin und Landeshauptmannstellvertreterin Gaby Schaunig sieht vor allem schon sehr viele kleine und gut vernetzte Unternehmen mit spannenden Anwendungen in Kärnten. Sie sieht außerdem eine lebendige Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Sie erachtet die Vernetzung in dreifacher Hinsicht als zentrale Aufgabe: physisch die Glasfaser- und Energienetze, im übertragenen Sinne die Vernetzung der Menschen.

Wasner empfahl abschließend folgenden Ansatz: im Standortmarketing die Leistbarkeit der Lebensqualität hervorzustreichen und: „Man muss es nur machen!“

IV-Kärnten-Präsident Timo Springer freute sich über die positive Bestandsaufnahme für KI in Kärnten und strich die großen Chancen für den Standort heraus. Mehr Konzentration statt „klein“ „klein“ würde dem Thema guttun, so Springer. Die Vernetzung könne man nur gemeinsam schaffen in DEM Technologieland im Süden Österreichs. Dazu wünscht er sich die eine oder andere mutige Entscheidung.

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