Wirtschafts-, Finanzpolitik & Recht

Zentralraumstrategie bietet eine große Chance

Analyse von Thomas Krautzer zeigt Notwendigkeit der konsequenten Entwicklung des Zentralraums Kärnten zur technologieorientierten Wissensregion auf. Um das aktuelle Lohn- und Wohlstandsniveau zu halten, sind strukturelle Änderungen notwendig. Ein Projekt „Twin-City“ Klagenfurt/Villach würde einen wesentlichen Schritt nach vorne bedeuten.

„Die Zeit des Sich-Verzettelns ist vorbei“, warnte Präsident Timo Springer bei einer Pressekonferenz, in der er gemeinsam mit Thomas Krautzer, Professor am Zentrum für Entrepreneurship und angewandte BWL der Universität Graz, die Elemente einer innovativen Zentralraumstrategie für Kärnten vorstellte. „Schafft es das Bundesland nicht rasch, diese attraktive Zentralregion zu etablieren, wird sich der Negativtrend bei der Bevölkerungsentwicklung fortsetzen und fehlt der Wirtschaft schlicht das Potenzial, hier noch zu wachsen“, wird Springer deutlich. Kärnten müsse endlich das historische Erbe des „zu klein“, „zu zersplittert“ und „zu traditionell“ hinter sich lassen und eine ökonomisch gesehen kritische Masse erzeugen, um weiter konkurrenzfähig zu bleiben.

Springer appelliert an die Politik, rund um eine rasch zu entwickelnde „Twin-City“ Klagenfurt/Villach eine technologieorientierte Wissensregion zu bilden. Anders werde man das derzeitige Wohlstandsniveau kaum halten können. Kernelemente sind für Springer die Konzentration der Hochschul- und Forschungslandschaft in einem Uni-Campus, dazu entsprechende Transferinstitutionen wie etwa das kürzlich aus der Taufe gehobene Fraunhofer-Institut „KI4life“, die Silicon Austria Labs oder das Robotics-Institut von Joanneum. Das müsse zusammen mit geeigneten Maßnahmen im Wissensaustausch, der verstärkten Kooperation und dem Schließen von Lücken in den Wertschöpfungsketten realisiert werden. Auch fördertechnisch könne man hier unterstützen.

Qualifizierte Zuwanderung
Sich auf die Analyse von Thomas Krautzer berufend, bezeichnet der IV-Kärnten-Präsident die Sicherung des Fachkräftebedarfs als zentrale Frage. Die Ausweitung der Bildungs- und Forschungslandschaft sowie der High-Tech-Wirtschaft ohne Zuzug sei aber unmöglich. Hier müsse man in Zukunft auf qualifizierte Zuwanderung setzen. Wirtschaft und Forschung sind davon gleichermaßen abhängig. Grundvoraussetzung dafür ist laut Springer allerdings eine völlig neue Vermarktung des Standortes Kärnten, die mehr auf die spannende Technologieregion abstellt. Erst die Stärkung des Zentralraums rund um die „Twin-City“ Klagenfurt/Villach werde auch die Chancen von den in der Analyse als Subzentren bezeichneten Orte wie Spittal, Völkermarkt oder Wolfsberg wieder erhöhen. Gerade für das Lavanttal ergeben sich zusätzliche Möglichkeiten durch die Lage fast direkt an der Koralmbahn, die ein Zusammenspiel des Kärntner Zentralraums mit dem Steirischen Zentralraum deutlich verbessern werde.

Kleinräumigkeit und Zersplitterung
Thomas Krautzer erläuterte, dass sich moderne Wissensökonomien in Ballungsräumen über engere soziale Interaktion und Netzwerkstrukturen und dichtere, spezialisierte und qualitativ hochwertigere Angebote an Menschen, Gütern, Dienstleistungen und Infrastrukturen deutlich besser entwickeln.

Hier könne Kärnten noch zu wenig auf die Waagschale legen. Das Bundesland weise im Österreichvergleich nicht nur die niedrigste Bevölkerungsdichte aus, auch die Bevölkerungsprognose sei die ungünstigste. Kleine Betriebsgrößen und eine geringe Zahl an Leitbetrieben prägen die Wirtschaftslandschaft, industrielle Insellösungen runden das Bild der strukturellen Kleinräumigkeit und Zersplitterung ab. In den vorderen Reihen befinde man sich hingegen bei der öffentlichen Beschäftigung. Bei der pro Kopf Verschuldung halte man sogar die österreichische Spitzenposition, was die künftige Bewegungsfreiheit deutlich einenge.

Positiv sieht Krautzer hingegen deutlich erkennbare, zukunftsträchtige Entwicklungen im Bereich wettbewerbsfähige technologieorientierte Industrieunternehmen u.a. im Maschinenbau und der Elektronik. Eine hohe Dynamik ortete er außerdem bei wissensintensiven und technologischen Dienstleistungen sowie jungen und schnell wachsenden Unternehmen, die sich vorwiegend auf den Raum Klagenfurt und Villach konzentrieren.

Technologieorientierte Wissensregion
Die Etablierung eines strategischen Ballungsraums rund um die Twin-City Klagenfurt/Villach sei daher im höchsten Interesse des Landes. Laut Krautzer müsse dabei der Schwerpunkt in Richtung einer technologieorientierten Wissensregion gesetzt werden, die in Kooperation von Wissenschaft, öffentlicher Hand und innovationsaffiner industrieller Kernbereiche weiterentwickelt werden müsste. Dazu kommen wissensorientierte Dienstleistungen mit hoher Dynamik und Gründungsrate. Er betonte aber auch, dass man überregional mit anderen strategischen Zentren zusammenarbeiten müsse, um noch mehr Schlagkraft zu gewinnen. Hier biete sich aufgrund der positiven Erfahrungen vor allem der Großraum Graz an, wie die Beispiele „Silicon Alps Cluster“ und die Etablierung von JR-Robotics bereits gezeigt haben.

 

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