Koralmbahn: Gemeinsamer strukturierter Zug zum Tor über den Ankick hinaus

Koralmbahn: Gemeinsamer strukturierter Zug zum Tor über den Ankick hinaus 

 

Wie wird das Jahrhundert-Infrastrukturprojekt Koralmbahn zum Erfolg für die Region Südösterreich? Welche Maßnahmen sind für eine optimale Nutzung des Koramltunnels in Kärnten und der Steiermark im nächsten Schritt dringend erforderlich? Fragen, die bei den diesjährigen Innovationsgesprächen der Innoregio Süd - einer Kooperation der Industriellenvereinigungen Steiermark und Kärnten - in der Lavanttal-Arena im Fokus standen. Mehr als 100 Interessierte aus Wirtschaft und Politik haben sich mögliche Antworten geholt.   

 In 800 Tagen werden die ersten Züge durch den Koralmtunnel rollen. Er ist das Herzstück der neuen Südstrecke, und wird ab Ende 2025 die Zentralräume rund um Graz und Klagenfurt sowie Villach noch enger zusammenwachsen lassen. „Das ist seit Jahrzehnten das größte Infrastrukturprojekt in Österreich. Jetzt geht es darum, daran zu arbeiten, den Wirtschaftsraum neu zu denken“, erklärt Stefan Stolitzka, Präsident der der Industriellenvereinigung Steiermark. Und das gelte nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für Kultur, Sport, Wissenschaft und Forschung. „Wir erwarten uns als Industriellenvereinigung Impulse in Form von Ansiedelungen und Innovationen. Die Koralmbahn ist ein Gamechanger, der vieles verändern und neu denken lassen wird“, ist Timo Springer, Präsident der Industriellenvereinigung Kärnten überzeugt. Damit das Jahrhundertprojekt zu einem Erfolg für Unternehmen, Arbeitnehmer und Gemeinden entlang der Bahnstrecke werde, müssten aber spätestens jetzt konkrete Schritte gesetzt werden.

 Ziele und Strategien 
„Eigentlich ist es schon fünf vor zwölf. Was es jetzt vor allem braucht, ist eine Strategie. Denn ein großer Erfolg ist nur dann ein Erfolg, wenn man ihn messen kann“, sagt der Ökonom Christoph Schneider, Geschäftsführer des Economica Instituts für Wirtschaftsforschung im Rahmen seines Vortrages bei den Innovationsgesprächen. Er befasst sich in seiner Studie damit, wohin und in welchem Tempo sich die Region bewegt, und welche wirtschaftlichen Ziele mit dem Koralmbahn-Projekt erreicht werden sollen.

Schneider analysiert, wie gezielte begleitende Maßnahmen zu einer entsprechenden Wirkung führen. Vor allem brauche es eine seriöse Erhebung der strukturellen Rahmenbedingungen der Standorte in Bezug auf die Koralmbahn – bis hinunter auf die kommunale Ebene. Und dazu müsse ein Indikatorenpool zur Messung relevanter Kennzahlen für den Koralmbahn-Effekt erstellt werden, von Arbeitsmarktdaten über die Wirtschaftsstruktur in der Region bis hin zu Steuer- und Abgabenaufkommen. Mit einem Frühwarnsystem soll so möglichst schnell auf Entwicklungen und Trends reagiert werden.

Unabdingbar sei die intensive Zusammenarbeit aller relevanten Entscheidungsträger in Kärnten und der Steiermark. Ziel müsse es sein, die Stärken bestmöglich zu steigern.

 Öresund-Brücke als Erfolgsbeispiel 
Wie das in der Praxis gelingen kann, zeigt die Öresund-Region, wo seit dem Jahr 2000 die gleichnamige Brücke die dänische Hauptstadt Kopenhagen mit der schwedischen Stadt Malmö verbindet. Jakob Svane, Seniorchefkonsulent von Dansk Industri und Johan Wessman, der Leiter des Öresund-Instituts in Malmö, haben in ihren Keynotes im Rahmen der Innovationsgespräche aber auch sehr eindringlich darauf hingewiesen, dass sich der Erfolg nicht ohne entsprechende Maßnahmen in den beiden Regionen eingestellt hat. „Je besser man vorbereitet ist, desto besser ist das Ergebnis. Wenn wir den Kuchen größer machen, gibt es mehr Kuchen für alle“, sagt Svane. Er spricht von der Notwendigkeit der Planung. So sei es beispielsweise wichtig, dass Widmungen frühzeitig erfolgen, damit Land zum Wachsen rund um Infrastrukturprojekte zur Verfügung steht. Kooperationen von Regierungen, Interessensvertretungen sowie innerhalb der Bevölkerung seien relevant, ebenso die Bereitschaft, die Möglichkeiten auszuschöpfen, die sich bieten. „Man braucht von Anfang an gemeinsame Statistiken, um messen zu können. Wir waren damals bei der Öresund-Brücke um fünf Jahre zu spät dran“, betont Svane.

 „Seit dem Jahr 2000 wurden in Malmö 100 Unternehmenszentralen eröffnet. Ein Nebeneffekt der Öresund-Brücke und der Vernetzung von Dänemark und Schweden“, erklärt Wessman. Je mehr sich auch Kärnten und die Steiermark vernetzen würden, umso besser werde das Ergebnis rund um die Koralmbahn sein. Wichtig in dem Zusammenhang seien Statistiken, Zahlenmaterial, um vergleichen zu können. „Infrastruktur ist aber nur ein Werkzeug. Es geht vor allem um die Menschen. Es sind die Firmen, die Arbeitnehmer, die Menschen, die sich vernetzen“, resümiert der schwedische Ökonom.

 Indikatorenpool für die Messbarkeit 
„Gerade die Infrastruktur ist eine Schwäche Südösterreichs. Hier gibt es Potenzial zur Entwicklung. Und mit der Investition in die Koralmbahn rückt die Region ins Zentrum Europas“, sagt Economica-Chef Schneider. Erhöhte Produktivität, Innovationen, Investitionen und eine verbesserte Konkurrenzfähigkeit seien nur einige der Auswirkungen einer Verkehrsinfrastrukturverbindung. Die Reduktion der Pendlerzeiten führe zu Lebenszeitgewinnen, verringerte Fahrzeiten zu mehr Wertschöpfung und mehr Beschäftigung. Wohin genau man mit einem Projekt wie der Koralmbahn will, sehe man nur anhand einer Strukturanalyse. Und dafür müsse man einen Indikatorenpool schaffen, um am Ende zu sehen, was die direkten und multiplikativen Effekte seien.

 Anregungen, die dann im Anschluss im Rahmen einer Podiumsdiskussion auch gleich von der Politik aufgegriffen wurden. „Die Steiermark und Kärnten brauchen ein gemeinsames Zahlenwerk, um den Erfolg messen zu können, der sich einstellen wird“, sagt die Kärntner Landeshauptmannstellvertreterin Gaby Schaunig (SPÖ). „Wir dürfen auf beiden Seiten niemanden von dem Jahrhundertprojekt ausgrenzen“, ergänzt Sebastian Schuschnig (ÖVP), Landesrat unter anderem für Wirtschaft, Öffentlichen Verkehr und Mobilität. „Infrastruktur ist wichtig, es ist aber auch wichtig, sie mit Leben zu füllen“, erklärt Martin Latzka von der Abteilung 12 für Wirtschaft, Tourismus, Wissenschaft und Forschung beim Land Steiermark.

 Forderung nach einem Koralmindex 
Was wir aus den Innovationsgesprächen mitnehmen, ist die Tatsache, wie wichtig es ist, Erfolg messen zu können. Und dazu brauchen wir so rasch wie möglich bundesländerübergreifend Zahlen, Daten und Fakten – einen Koralmindex “, resümiert Claudia Mischensky, Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Kärnten. Ein solcher könne nur gemeinsam mit der Politik umgesetzt werden. „Kernaussage ist, dass beide Seiten gewinnen. Es wird mehr Investitionen und mehr Möglichkeiten für beide Seiten geben“, erklärt Gernot Pagger, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Steiermark. Diese positiven Effekte würden sich aber nicht von selbst einstellen. „Wir müssen gemeinsam aktiv gestalten und brauchen dafür Struktur. Eine gemeinsame Plattform, die von Kärnten und der Steiermark bespielt wird. Wir müssen die PS gemeinsam auf den Boden bringen, mit allen Partnern, und auch die nationale und internationale Sicht mitdenken“, resümiert Pagger.

 PMS als Teil des Jahrhundertprojektes 
Wie Kärntner und steirische Unternehmen schon jetzt erfolgreich von der Koralmbahn profitieren, zeigte sich im Rahmen der Innovationsgespräche vorab bei der Firma PMS in St. Stefan im Lavanttal. Firmenchef Franz Grünwald führte interessierte Veranstaltungs-Teilnehmer durch die Produktion und Entwicklung des Betriebes, der mit wesentlichen Teilen der elektrotechnischen Installationen im Koralmtunnel beauftragt und damit Teil des Jahrhundertprojektes ist.

Hier die Präsentationen zum Nachlesen: Schneider, Wessman, Svane

Kurzvideo zur Veranstaltung hier